Drei Fragen an...
Abstract:
In Kunstzeitschriften gibt es Beiträge zu aktuellen Ausstellungen. Das SFKP e Journal möchte dieses Format über aktuelle Praxis auf das Feld der Kunstpädagogik übertragen, indem pro Ausgabe ein kunstpädagogisches Projekt vorgestellt respektive eine kunstvermittlerische Position einer Person oder eines Kollektivs sichtbar wird. Die Vorstellung wird in loser Form stattfinden. Als Momentaufnahmen kunstpädagogischer Praxis verstanden, können die Antworten in Bildern, Text und_oder anderen medialen Zusammenhängen eingereicht werden.

Wie verstehst Du Kunstvermittlung?

Ich war, bevor ich im Kunstmuseum Basel zu arbeiten begann, an der Zürcher Hochschule der Künste als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Master Art Education tätig, wo wir einen integrierten Vermittlungsbegriff entwickelten. Das heisst, die Vermittlung einer Ausstellung sollte als eigenständige, kritische Praxis funktionieren, die auch die stets mitzudenkende Kunstgeschichte befragt. Als Kunstvermittlerin interessieren mich insbesondere Formate der Teilhabe, welche es den Beteiligten erlauben, mit künstlerischen Arbeiten und gesellschaftlichen Themen reflexiv umzugehen und sich diese in subjektiver Art und Weise anzueignen. Hierbei sollte nicht das Ergebnis im Vordergrund stehen. Viel eher liegt der Fokus auf Prozessen, die Settings schaffen, in denen Experiment und produktives Scheitern möglich werden. Im Kontext des Kunstmuseums Basel ist es ein Ziel, eine eigenständige und zeitgemässe Haltung für die Vermittlung zu entwickeln, die alle an einer Vermittlungssituation Beteiligten mit deren spezifischen Wissen ernst nimmt und die institutionellen Anordnungen nicht als statisch begreift. Vielmehr interessiert mich die Arbeit mit den Zwischenräumen und Widersprüchen und dass ich mich somit reflexiv zur Bildungssituation verhalte. Mein Wunsch ist es, Vermittlungsformate zu entwickeln, welche die Institution mit dem Aussen, deren lokalen und geopolitischen Kontexten verknüpfen, bestenfalls das Befragen und Beforschen der Institution als Ausstellungsort ermöglichen. Das Museum ist kein Elfenbeinturm, sondern es muss sich in der gegenwärtigen Gesellschaft mit deren Fragen und Problemen beschäftigen, sonst wird es redundant.

Was bedeutet Forschung in Deiner Vermittlungspraxis?

Die Möglichkeit der Forschung erweitert die Praxis der Kunstvermittlung und schafft Relevanz in Bezug auf Theorie und Forschung: Die Forschung etabliert Kriterien, um die Praxis kritisch zu hinterfragen, und verhindert gleichzeitig Kunstvermittlung im institutionellen Kontext rein aus der ökonomischen Perspektive zu betrachten – beziehungsweise thematisiert sie diese Tendenz. Ausserdem hat die Forschung für mich die Aufgabe, Begriffe im Diskurs zu überprüfen und weiterzudenken. Ich persönlich finde es wichtig, dass die Auseinandersetzung und Forschung zu Kunstvermittlung nicht nur in den Instituten der Hochschulen stattfindet, sondern auch innerhalb der Ausstellungshäuser als Praxis etabliert wird. Hierbei geht darum, die Rolle der Kunstvermittlung innerhalb von Museen zu befragen und zu überlegen, was kritische, künstlerische oder feministische Kunstvermittlung bedeutet und welche Auswirkungen sie auf die Institution als solches hat.

Inwiefern ist der Fachbereich der Kunstpädagogik beziehungsweise der Kunstvermittlung für Deine Arbeit relevant – welche Positionen sind dir wichtig?

Meistens ermächtigen mich Positionen in meiner Arbeit, die mich herausfordern und gleichzeitig kritisch hinterfragen. Es gibt natürlich Vorbilder wie die freie Pädagogin und Kunstschulgründerin Doris Stauffer, aber auch Frauen wie die Friedensaktivistin Anni Lanz aus Basel. Die Texte der Theoretikerin bell hooks wiederum geben mir zum Beispiel ein inhaltliches Fundament dafür, wie ich Kunstvermittlung denken kann. Es ist also eine Mischung aus Theorie und Praxis, die ich suche, ein Gleichgewicht zwischen Hand und Geist. Ich bin ein vielseitig interessierter Mensch, der die Grenzüberschreitungen verschiedener Disziplinen sucht. Dabei steht der Austausch mit Menschen immer im Vordergrund und ich glaube gerade heute an die Wirkmächtigkeit von Gesprächen, in denen viele Ideen gemeinsam entwickelt und realisiert werden können.


Die Fragen stellte Gila Kolb mit Beate Florenz.

Kurzbiografien der Autor_innen: