Wie viel Wenig ist genug? Eine Untersuchung von Arbeitsmittel, Arbeitsräumen und Unterrichtsvorbereitung im Fach Bildnerisches Gestalten.
Abstract:
Da es sich bei diesem Artikel um einen Kurzbeitrag in Form einer Zusammenfassung handelt, entfällt das Abstract.

Zusammenfassung

 

Die Masterarbeit Wie viel Wenig ist genug? zeigt eine qualitative Untersuchung von Arbeitsmitteln, und Arbeitsräumen und fragt nach deren Einfluss auf die UnterrichtsvorbereitungAls Unterrichtsvorbereitung wird hierbei der gesamte Prozess von der Ideenfindung bis hin zurVorbereitung des Unterrichtsmaterials verstanden. Die Definition wird von der befragen Person mitbestimmt, indem sie ihr eigenes Verständnis von Unterrichtsvorbereitung mittels Beschreibung der auszuführenden Aufgaben erklärt. im Fach Bildnerisches Gestalten (BG). Sie hat zum Ziel, für die Unterrichtsvorbereitung relevante Handlungen, Arbeitsmittel und Raumsituationen zu identifizieren und dabei Anforderungen an den Arbeitsplatz von BG-Lehrpersonen ausfindig zu machen.

 

Anhand eines dreistufigen medienübergreifenden Interviews (1. Erinnerungsskizzen, 2. Bewegtes und narratives Interview, 3. Anforderungsskizzen) und nachfolgenden Dokumentationsfotografien sind neun BG-Lehrpersonen aus drei Berner Gymnasien befragt worden. Die gesammelten Informationen und Erhebungsmaterialien haben aufgezeigt, dass BG-Lehrpersonen während der Vorbereitung von Unterricht auf eine grosse Menge und Vielfalt an analogen und digitalen Werkzeugen und Materialien zurückgreifen. Mittels Auswertung der Interviews ist einerseits ein Inventar an Arbeitsmitteln und -Materialien entstanden und andererseits sind Beobachtungen von positiven und negativen Einflussfaktoren auf die Unterrichtsvorbereitung und Arbeitssituation gemacht worden.  Dabei hat sich gezeigt, dass die Ansprüche an die Arbeitsmittel bezüglich Unterrichtsvorbereitung unterschiedlich stark befriedigt werden, je nachdem wie der Arbeitsplatz an den jeweiligen Gymnasien und die damit verbundenen Arbeitsmittel ausgestaltet sind.



Eine der grössten Herausforderungen dieser Forschungsarbeit bestand darin, wissenschaftliche Literatur zu schulischen Vorbereitungsräumen zu finden. Aus diesem Grund sind vergleichbare Studien zur Arbeitsplatzanalyse aus anderen Arbeitsfeldern herangezogen worden. Dieser Umstand sowie die im Rahmen dieser Arbeit erzielten Forschungsergebnisse zeigen auf, dass die Auseinandersetzung mit dem eigenen Arbeitsplatz für Lehrpersonen ein unbewusster Prozess ist, der von der Schule, dem eigenen Unterricht sowie dem jeweiligen Erfahrungsschatz beeinflusst wird.

 

In Zusammenhang mit Bring Your Own Device (BYOD), Fernunterricht und Home Office weist die durchgeführte Untersuchung in Zeiten von COVID-19 auf eine besondere Aktualität und zunehmende Relevanz hin. Daher stellt sich die Frage, ob ein kritischer und bewusster Umgang mit analogen und digitalen Arbeitsmitteln und Räumen in der Unterrichtsvorbereitung, fixer Bestandteil  der Ausbildung zur (aber auch der Weiterbildung als) Kunstpädagoge*in oder Kunstvermittlerin werden sollte.

 

Arbeitsmittel, Arbeitsräume und Unterrichtsvorbereitung im Fach BG: Das gewählte methodische Setting

Anhand des Forschungssettings (Abb. 1), welches auf eine individuelle Bewertung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsmittel fokussiert, konnten die Arbeitsmittel zur Unterrichtsvorbereitung im Feld untersucht werden. Mittels Skizzen, Gesprächen und der Betrachtung des schulischen Arbeitsraumes konnten die relevanten Arbeitsmittel identifiziert und gleichzeitig die Bedürfnisse an den Arbeitsplatz besprochen werden. Parallel zur inhaltlichen Auswertung der Interviews fand eine visuell-künstlerische Auseinandersetzung mit den Arbeitsräumen statt. Dabei wurde über Farbcodierungen die erhobenen Informationen in eine abstrahierte Form gebracht.

  

Pamela Gardi, Grafik zu methodischem Vorgehen, 2019, Adobe Creaitve Suite.


 

 

Teil 1: Erinnerungsskizzen zur räumlich-gedanklichen Rekonstruktion

 

Im ersten Teil des Interviews wurden die BG-Lehrpersonen dazu aufgefordert, ihr Vorbereitungszimmer inklusive Mobiliar und Arbeitsmittel gedanklich zu rekonstruieren, in einer Skizze festzuhalten und sprachlich zu beschreiben. Anschliessend wurde die angefertigte Skizze im Vorbereitungszimmer der realen Arbeitssituation gegenübergestellt und diskutiert. Damit verbundene Abweichungen wie bspw. nicht aufgeführte Arbeitsmittel wurden mit roter Farbe in der Skizze ergänzt und gleichzeitig kommentiert. Durch diese Skizzen konnte eine Gesamtsicht geschaffen werden, die zeigt, wie die Lehrperson den Raum erlebt und abstrahiert, sowie an welche Objekte sie sich erinnert und an welche nicht. Der geschilderte Methodenteil fusst auf Cornelia Helfferich’s Mental Maps. (Vgl. Helfferich 2014, S. 241ff.) Während der Auswertungsphase dienten diese Skizzen als visuelles Hilfsmittel, da das Gesprochene direkt in die Skizzen ergänzt werden konnte. 

  

Pamela Gardi/Befragte Person, Erinnerungsskizze eines Arbeitszimmers, 2019, ProCreate.


 

Teil 2: Bewegtes Interview zur Erfassung der physisch-räumlichen Wahrnehmung

 

Im Anschluss an die Erinnerungsskizzen wurde ein bewegtes Interview im Arbeitsraum durchgeführt. (Vgl. Keding/Weith 2014, S.131ff.) Die interviewten Lehrpersonen traten dabei als „Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelt“ auf, wodurch „Sinn- und Bedeutungszuschreibungen,  Emotionen oder Praktiken erfasst werden“konnten. (Vgl. ebd. : S.131ff.) Anhand dieser Untersuchung konnte die Nutzung und Bewertung von Arbeitsmitteln im Raum analysiert und erfasst werden, indem die Lehrperson über die Erstellung von Erfassungsberichten zu einer „dialogischen Reflexion“ angeregt wurde.

Hier einige Zitate aus den Interviews:

 

 

 

Teil 3: Anforderungsskizzen für den optimalen Arbeitsplatz zur Unterrichtsvorbereitung

 

Im dritten und abschliessenden Teil der Erhebung wurden die BG-Lehrpersonen aufgefordert, ihren optimalen Arbeitsplatz in einer Anforderungsskizze festzuhalten und diese gleichzeitig mündlich zu beschreiben. Basierend auf der dualen Arbeitsplatzanalyse, welche auch in der Betriebswirtschaft zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen durchgeführt wird, konnten vorgängig diskutierte Arbeitsmittel und Thematiken aufgegriffen und als konkrete Anforderungen an den jeweiligen Arbeitsplatz geäussert werden. (Vgl. Meyn 2012, S. 103ff.) Dadurch konnten im abschliessenden Untersuchungsteil jene  Arbeitsmittel und Bedingungen ausfindig gemacht werden, welche gemäss der Wahrnehmung der Lehrperson für die Unterrichtsvorbereitung elementar sind. Zudem dienten diese Anforderungsskizzen als visuelle Unterstützung bei der Auswertung. 

 

Pamela Gardi/Befragte Person, Anforderungsskizze eines Arbeitszimmers, 2019, ProCreate.


 

Dokumentationsfotografie des Arbeitsplatzes und künstlerische Auseinandersetzung: Visuelle Farbcodierung der Arbeitsplätze

 

Die künstlerische Auseinandersetzung zum Thema Arbeitsmittel und -räume zeigt einen visuellen Umgang mit den Ergebnissen der Erhebung. Mittels Einfärbung der Dokumentationsfotografien und der untersuchten Vorbereitungsräume konnten die Erkenntnisse aus der Erhebung in eine abstrahierte und ästhetische Form gebracht werden.  Während der Auswertung wurden insgesamt 33 Dokumentationsfotografien farblich codiert. Die Visualisierung von gewonnenen Daten wurde dabei aus der Forschungs-Praxis von Barbara Hahn und Christine Zimmermann inspiriert. (Vgl. Hahn/Zimmermann 2008/2014.)

 

Für aussenstehende Personen sind die eingezeichneten Farbflächen (Abb. 4) ohne Dokumentationsfotografien und ohne den Kontext der Untersuchung (Abb. 5) aber nur schwer einzuordnen und wirken eher wie eigenständige, abstrakte Farbkompositionen. Folglich wurde während der forschenden Arbeit ein künstlerischer Prozess angestossen, welcher in A0 grossen Prints endete und in einer weiterführenden Arbeit noch zusätzlich ausgereizt und erweitert werden könnte.

 

Pamela Gardi, Visuelle Farbcordierung eines Arbeitsplatzes, 2019, ProCreate, A0: 841mm x 1189mm.


 

Pamela Gardi, Dokumentationsfotografie eines Arbeitsplatzes, 2019, Fotografie.



 

Literaturverzeichnis:

 

Hahn, Barbara/Zimmermann, Christine (2008): Datenvisualisierung jenseits von Kuchen- und Balkendiagrammen. In: Von B Und C. Basel, Christoph Merian Verlag.

Helfferich, Cornelia (2014):  Mental Maps und Narrative Raumkarten. In: Bischoff, Christine (Hg.), Methoden Der Kulturanthropologie. 1. Aufl., Bern, Haupt Verlag, S.241-256. 

Keding, Melanie/Weith, Carmen (2014): Bewegte Interviews im Feld. In: Bischoff, Christine (Hg.), Methoden Der Kulturanthropologie. 1. Aufl., Bern, Haupt Verlag, S.117-130. 

Meyn, Christina (2012): Arbeitssituationsanalyse. Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften.

 

Webseiten:

 

Barbara Hahn/Christine Zimmermann (2014): „Visuelle Analyse & Mapping zur Identifizierung atmosphärischer Qualitäten im öffentlichen Raum, Ein Forschungsprojekt der Berner Fachhochschule“, online unter: http://hahn-zimmermann.ch/projekte/visuelle-analyse [24.10.2020]



Kurzbiografien der Autor_innen: