COMING BACK FROM IBIZA. Der Instagram-Account Ibiza Austrian Memes als Case-Study für intersektionalen Meme-Aktivismus und Vermittlung — basierend auf einem Gespräch mit Anahita Neghabat
Abstract:
Coming back from Ibiza analysiert das Potenzial von Memes als politisch-aktivistisches Tool im Hinblick auf die Verwendung in einer zeitgenössischen, kritischen Kunstvermittlung. Im Fokus des Beitrags steht der österreichische Instagram-Meme-Account Ibiza Austrian Memes (@ibiza_austrian_memes), der 2019 als Reaktion auf den sogenannten Ibiza Skandal gegründet wurde. Ibiza Austrian Memes ist bis heute eine wichtige Stimme in der medienunabhängigen Kritik an der rechten Politik in Österreich und vermittelt Inhalte bewusst aus intersektional-feministischer und antirassistischer Perspektive. Der Beitrag baut auf einem Gespräch der Autorinnen mit der Gründerin von Ibiza Austrian Memes, Anahita Neghabat, auf.

Das Meme„The term ,meme‘ was coined by Richard Dawkins in 1976 to describe small units of culture that spread from person to person by copying or imitation. […] In the vernacular discourse of netizens, the tag ,Internet meme‘ is commonly applied to describe the propagation of items such as jokes, rumors, videos, and websites from person to person via the Internet.“ (Shifman 2013: 2). ist eines der weitverbreitetsten Internetphänomene unserer von Digitalisierung geprägten Gegenwart. Als Bildform,„In contrast to its original meaning, today the term is often used for pictures […] whereas in memetics the unit of analysis itself is abstract and controversial, Internet users tend to ascribe the meme tag to observable audiovisual content, such as YouTube videos and humorous images.“ (Shifman 2013: 13). die Kultur beinahe in Echtzeit kommentiert (Grünwald 2020: 18), ist es keineswegs politisch neutral, sondern bestimmt zeitgenössische gesellschaftliche Diskurse massgebend mit. Dieser Beitrag behandelt die Rolle des Memes als aktivistisches Tool — konkret anhand des Instagram-Meme-Accounts Ibiza Austrian Memes.Instagram: @ibiza_austrian_memes, online unter: https://www.instagram.com/ibiza_austrian_memes/?hl=de [05.06.2020]. Wir sehen diesen als Paradebeispiel für kritische, aktivistische, intersektionale, technofeministische,Der Begriff zeigt nach Cornelia Sollfrank „kritische, spekulative und queere Positionen an, die – in Theorie und Praxis – das kodierte Verhältnis von Geschlecht und Technik hinterfragen.“ (Sollfrank 2018: 19; siehe auch Wajcman 2004). postdigitale Vermittlung.  Der Beitrag basiert auf einem Interview mit Anahita Neghabat,Anahita Neghabat steht am Ende ihres Studiums der Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien, im Rahmen dessen sie auch Gender Studies an der Central European University in Budapest studiert hat. Sie forscht zu feministischen Bewegungen und antimuslimischem Rassismus in Österreich. Seit Mai 2019 betreibt sie die satirisch-aktivistische Instagram-Seite @ibiza_austrian_memes. Sie ist ausserdem Vorstandsmitglied im Verein kontexte., einem Netzwerk für Kulturwissenschaftler*innen in Wien. Initiantin und Betreiberin von Ibiza Austrian Memes (IAM). Wir gehen darin der Frage nach, wie die Bildform Meme für eine zeitgenössische Kunstvermittlung fruchtbar gemacht werden kann, jenseits ihrer üblichen humoristischen sowie (scheinbar) neutralen und oberflächlichen Dimensionen.


Für diejenigen, die (mobilen) Zugang zum Internet haben, ist das Meme allgegenwärtig. In Whats-App-Gruppen, Internetforen, auf Social Media und sogar offline auf Stickern an Laternenpfählen oder WerbeplakatenBeispielsweise in einer Kampagne der Hamburger Hochbahnen. Siehe Business Punk Redaktion (2017): „Warum die Hamburger Hochbahn in der neuen Kampagne auf Memes setzt“, 01.08.2017, online unter: https://www.business-punk.com/2017/08/warum-die-hamburger-hochbahn-in-der-neuen-kampagne-auf-den-meme-look-setzt/ [02.06.2020]. finden sich Memes. Das Meme verbreitet sich in der Welt und die Welt hält Einzug in die Memes — die Bildinhalte ranken von Filmstills über Comics, Fotos von Celebrities und Werke der klassischen Malerei (Art-MemesArt-Memes sind eine Memeform, die auf Abbildungen von Kunstwerken basieren. Siehe Kolb/Schmidt 2020. Ein Beispielaccount siehe Instagram: @classical_art_memes_official, online unter: https://www.instagram.com/classical_art_memes_official/?hl=de [08.07.2020].) bis hin zu sehr politischen Inhalten. Dabei charakterisiert sich das Meme dadurch, dass häufig immer gleiche Bilder die Basis für immer neue Meme-Kreationen bilden. Je nach Bedeutungszusammenhang werden Templates verwendet oder das gleiche Bild meme für meme wiederholt und mit anderem Text versehen (Abb. 1, Abb. 2). In der Wiederholung beginnt das Bild zu zirkulieren und akkumuliert somit Bekanntheitsgrad, Wiedererkennungswert und dadurch letztlich Handlungsmacht. In der Wiederholung wird das jeweilige Bild aber wiederum zu etwas Neuem/Eigenständigem:

„Die Praxis der Wiederholung ist als ein erneuerndes Prinzip zu verstehen. Für Gilles Deleuze beispielsweise ist Wiederholung als produktive Suchbewegung zu verstehen. Es wird wiederholt, weil nicht alles erschlossen wurde, nicht alle Fragen beantwortet wurden. Jedoch ist die Wiederholung nicht in der Lage, die offenen Stellen zu füllen, weil sie niemals mit dem Wiederholten übereinstimmt.“ (Grünwald 2020: 23)

 

Abb. 1: Mocking SpongeBob ist ein Beispiel für ein häufig wiederkehrendes Meme-Motiv: „Mocking SpongeBob, also known as Spongemock, refers to an image macro featuring cartoon character SpongeBob SquarePants in which people use a picture of SpongeBob to indicate a mocking tone towards an opinion or point of view.“ Siehe Know Your Meme, Mocking SpongeBob, online unter: https://knowyourmeme.com/memes/mocking-spongebob [05.06.2020].


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Danke @steffi.wolfgruber für diese Zusendung 😘 . Kennt ihr schon diesen FPÖ-Wahlslogan? 🤣 . Satire 💃 . [Bildbeschreibung: Text: "Nobody:, absolutely nobody:, still literally nobody:", dann "FPÖ:" darunter das Mocking-Spongebob-Meme und der Text "Ohne uns kippt Kurz nach links"] . . . #wahlplakat #wahlkampf #nationalratswahlen2019 #spongebobmemes #mockingspongebob #fpö #freiheitlicheparteiösterreich #övp #neuevolkspartei #kurzmemes #sebastiankurz #rechtspopulismus #rechtsruck #rechtspolitik #rechtsextremismus #rassismus #politischememes #politsatire #austrianpolitics #austria #österreich #österreichmemes #österreichischepolitik #österreichzuerst #strachememes #norberthofer #schwarzblau #türkisblau

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Abb. 2: Auch IAM verwendet Mocking SpongeBob in verschiedenen Posts und in unterschiedlichen thematischen Zusammenhängen. In diesem Fall geht es um die Anrede der Bürger*innen als „Österreicher und Österreicherinnen“ seitens Sebastian Kurz während Ansprachen in der Corona-Krise. An in Österreich lebende Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft wendet sich der Kanzler dabei aber nicht, was in dem Post kritisiert wird. In diesem Fall ist Mocking SpongeBob noch um ein weiteres beliebtes Meme-Motiv erweitert, den Staring Fish, auch Helo Fish genannt, um die Problematik der Aussage zu unterstreichen. Siehe Instagram: @ibiza_austrian_memes, Post vom 23.04.2020, online unter: https://www.instagram.com/p/B_TK1GYH70C/ [05.06.2020].

 

Neben der Wiederholung ist die Zeit ein massgebliches Kriterium in der Analyse von Memes. Die Reaktion global verstreuter Bildbearbeiter*innen auf aktuelle gesellschaftspolitische Situationen via Meme passiert virtuell und scheinbar in sogenannter Echtzeit. Während dieser Artikel geschrieben wird, sitzen wir in Heimquarantäne in der Steiermark und in Selbstisolation in Wien aufgrund der Ausbreitung von COVID-19 in Österreich. Die Bevölkerung ist angehalten, zuhause zu bleiben, niemand weiss, wie lange diese Situation andauern und welches Ausmass die Pandemie annehmen wird.Wir möchten dezidiert darauf hinweisen, dass mit Stand 25.03.2020 12:29 die Flüchtlingslager auf Lesbos noch immer nicht evakuiert wurden. Dies muss umgehend geschehen: Alle Massenquartiere müssen geschlossen und die Bewohner*innen in kleinen Wohneinheiten untergebracht werden. #evacuatenow#leavenoonebehind. Neben offiziellen Nachrichten kursieren sehr viele anonym veröffentlichte Bilder, Videos, Texte und Memes im Netz, die auf pointierte, teilweise gesellschaftskritische, aber auch humorvolle Art Bezug zum Tagesgeschehen nehmen. Allerdings spielen neben Humor auch Fake-News eine Rolle — Falschinformationen über Verbreitungszahlen, vermeintliche Heilungsmethoden, etwaige Verbrecherbanden und Verschwörungstheorien werden neben unzähligen humoristischen Meme-Kommentaren (Genre Corona-Memes) verbreitet.Ein für die Kunstvermittlung interessanter und mehrfach zitierter Instagram-Account, der während der Krise entstanden ist, ist Tussen Kunst & Quarantaine (@tussenkunstenquarantaine), der dazu aufrief, Kunstwerke zuhause mit Hilfe von 3 Haushaltsgegenständen nachzustellen und zu fotografieren. Siehe Instagram: @tussenkunstenquarantaine, online unter: https://www.instagram.com/tussenkunstenquarantaine/?igshid=jxtyt5g5ahbs [05.06.2020]. 

 

Ibiza Austrian Memes (IAM)

Der Instagram-Account @ibiza_austrian_memes ging zwei Tage nach der sogenannten Ibiza-Affäre online. Die Ibiza-Affäre hat im Frühling 2019 zum Zerfall der Österreichischen Bundesregierung, einer ÖVP-FPÖ-Koalition, geführt. Ausschlaggebend waren Videos, die 2017 aufgezeichnet wurden und den damaligen österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sowie den Nationalratsabgeordneten und geschäftsführenden Klubobmann der FPÖ Johann Gudenus in einem Ferienhaus auf Ibiza zeigen.Über ihre politischen Ämter hinaus sind beide Politiker über ihre Mitgliedschaften in einer Wiener schlagenden und deutschnationalen Schülerverbindung seit Jahren miteinander bekannt. Siehe Wikipedia: „Heinz-Christan Strache“, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinz-Christian_Strache; Wikipedia: „Johann Gudenus (Politiker)“, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gudenus_(Politiker) [05.06.2020]. Dort verhandeln sie mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte über dubiose Deals, etwa die Übernahme der einflussreichen österreichischen Boulevardzeitung Kronen Zeitung, die Vergabe staatlicher Bauaufträge oder die Teilprivatisierung des österreichischen Trinkwassers für Macht, Geld und illegale Parteispenden.Nach der Veröffentlichung am 17. Mai 2019 traten Strache und Gudenus von ihren Ämtern zurück, die ÖVP kündigte die Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ auf, Neuwahlen wurden verkündet, das Parlament sprach Bundeskanzler Kurz das Misstrauen aus und kurz darauf regierte in Österreich eine ,Expert*innenregierung‘. Ab Juni 2020 soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre starten. Vgl. Al-Serori/Das Gupta/Münch/Frederik Obermaier/Obermayer 2020. Weiterführende Links: Wikipedia: „Ibiza-Affäre“, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Ibiza-Affäre [29.05.2020]; Al-Serori, Leila/Münch, Peter (2020): „Das Jahr, in dem Österreich bebte.“ In: Süddeutsche Zeitung, 15.05.2020. https://www.sueddeutsche.de/politik/ibiza-video-strache-oesterreich-1.4909013 [29.05.2020].  

Anahita Neghabat, Urheberin der Seite Ibiza Austrian Memes, beschloss spontan, den Account zu starten und so auf die politischen und medialen Vorkommnisse zu reagieren, die sich in den Tagen nach der Veröffentlichung der Ibiza-Video-Ausschnitte überschlugen. Neghabat beschreibt den Tag der Video-Veröffentlichung in Wien als euphorisch, es herrschte Aufbruchstimmung, die sich durch Demonstrationen in den Strassen Wiens und parallel im Internet bemerkbar machte. Es kursierten viele Memes in sozialen Netzwerken und privaten Chats. Auch Neghabat begann Memes zu produzieren und sie auf ihren privaten Accounts zu veröffentlichen, bis sie schliesslich einen neuen Instagram-Account erstellte, Ibiza Austrian Memes, der in kürzester Zeit eine enorme Reichweite erlangte.


Abb. 3: Der erste Post von IAM zeigt einen Bildausschnitt mit der Comicfigur Pikachu. Das berühmte Pokémon ist mit überraschtem Gesichtsausdruck dargestellt und steht laut Meme-Text sinnbildlich für den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich erstaunt darüber zeigt, was auf Ibiza geschehen ist. Siehe Instagram: @ibiza_austrian_memes, Post vom 20.05.2019, online unter: https://www.instagram.com/p/Bxru5FNF7fF/ [05.06.2020].  

 

Schon am zweiten Tag hatte der Account 5000 Follower*innenMomentan sind es 24.500. [18.03.2020]., zunächst überwiegend junge Menschen (ab circa 15 Jahren). Über die Wochen und Monaten wuchs die Follower*innen-Gruppe zunehmend — mittlerweile folgen NGOs, Journalist*innen, Aktivist*innen und Politiker*innen aus ganz Österreich dem Account.

 

Die Absicht hinter IAM

Anahita Neghabat versteht ihre Arbeit mit IAM als politisch-aktivistisch, gegen rassistische, sexistische, klassistische, antimuslimische und antisemitische rechte Politik. Über den Ibiza-Skandal hinaus bleibt IAM aktiv, vermittelt und kommentiert via Memes die Geschehnisse der aktuellen nationalen Politik. Dies umfasst Kritik an der Bundesregierung, den Oppositionsparteien und den Medien.

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Wer?? Was? 👼🏻👿 . Wenn Sebastian Kurz, Claudia Tanner (links) und Elisabeth Köstinger (rechts) bei ihrer Angelobung nach ihrem vorgesehenen "Ich gelobe!" extra noch schnell ein "....so wahr mir Gott helfe" reinquetschen... . ❗... dann verfestigt sich schon Mal der Eindruck, dass es bei der unaufhörlichen "Islam-Kritik" der ÖVP vielleicht gar nicht um Religion, sondern um blanken Rassismus gehen könnte 🤫😜🤫 . ❓Sebastian Kurz wurde gestern Bundeskanzler, Claudia Tanner Verteidigungsministerin und Elisabeth Köstinger ist die neue Landwirtschaftsministerin. . (Quelle: ZIB auf Facebook, 7.1.2020) . Das Bild von Kurz als Messias haben wir @veganosaurusflex zu verdanken! Hier wurde eine alte Zusendung von ihm recycelt. ☺️ . Obacht, Satire 💃 . [Bildbeschreibung: Text: "ÖVP: Heast, aUsLänDA! Österreich ist ein säkularer Staat. Religion hat in der Politik nix verloren. Kopftuchverbot jetzt mimi". Darunter "ÖVP:" und ein Bild von Kurz als Jesus hinter dem als Engel in weiß Tanner und Köstinger stehen. Bei ihnen steht: "Ich gelobe! sO wAhR miR gOTt hELfe"] . . . #heuchelei #angelobung #bundeskanzlerkurz #elisabethköstinger #claudiatanner #ministerinnen #österreichischepolitik #antimuslimischerrassismus #rassismusbenennen #islamophobie #säkularismus #austrianpolitics #österreichischememes #politsatire #österreichischepolitik #basticiao #austria🇦🇹 #solidarität #solidaritystorm

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Abb. 4: Das Meme zeigt Sebastian Kurz, Claudia Tanner und Elisabeth Köstinger, Bundeskanzler bzw. Ministerinnen der österreichischen Bundesregierung. IAM stellt im Begleittext zum Meme einen Zusammenhang her zwischen der von allen drei Personen bei der Angelobung getätigten Aussage „Ich gelobe! So wahr mir Gott helfe!“ und antimuslimischer Rhetorik, Politik bzw. Rassismus. Siehe Instagram: @ibiza_austrian_memes, Post vom 08.01.2020, online unter: https://www.instagram.com/p/B7D8vTsBWau/ [12.06.2020].

 

Um Shitstorms und Offline-Anfeindungen zu entgehen, blieb Anahita Neghabat lange anonym. Seit einem FernsehinterviewSiehe ORF-Beitrag „Memes & Politik“, im kulturMontag, online unter: https://tv.orf.at/groups/kultur/mgr/272945/ [05.06.2020] ist sie als Macherin und Betreiberin von IAM bekannt. Da sie lange Zeit nicht mit Klarnamen in die Öffentlichkeit ging, waren viele der Follower*innen lange davon ausgegangen, dass ein Mann oder eine Gruppe Männer hinter dem Account stecken würde. Noch immer halten sich starke Vorurteile in Bezug auf Race und Gender, wenn es um die Identität digitaler Autor*innen und  Account-Betreiber*innen geht.Whiteness und Maleness gelten in Bezug auf Akteur*innen im Netz als Mass und als Standard. Die Hegemonie der weissen Männer im Internet, im Technologie-Design, Programmieren usw. ist leider noch immer nicht Geschichte und daher bestimmend für die Internetkultur. Personen, die sich online bewegen, sind diesen Herrschaftsverhältnissen permanent ausgesetzt, im Mainstream bleiben rassistische Strukturen oft unentdeckt und so werden Rassismen und andere Formen von Diskriminierung bewusst oder unbewusst reproduziert. Dies wirkt sich drastisch auf die psychische Gesundheit der von Rassismus und Diskriminierung betroffenen Menschen und deren Verhalten — sowohl online als auch offline — aus (vgl. Noble/Tynes 2016: 5). Neghabat betont die Verantwortung, die mit der grossen Reichweite einhergeht: Es ist ein Spagat zwischen der Freiheit, keiner Organisation zu unterstehen und den eigenen Überzeugungen folgen zu können und dadurch gleichzeitig die eigenen Inhalte auf sich alleine gestellt mit einer so grossen Zahl von Follower*innen zu teilen. Eine Herausforderung ist auch das ständige Verfügbar-Sein-Müssen als Betreiberin des Accounts, denn Kritik kommt in diesem Medium schnell und unmittelbar. Seltene Fehler bessert Neghabat aus, jedoch bringt es die Plattform Instagram mit sich, dass grundsätzlich wenig nachgeprüft wird und so Fehlinformationen leicht verbreitet werden können.


Anahita Neghabat bezeichnet sich selbst als politisch links, demnach sind die Memes in diesen Kontext einzuordnen. Dennoch gibt sie durch die umfassenden Hintergrundinformationen allen Personen die Möglichkeit, ihre pointierten Kommentare zu verstehen und trägt bewusst dazu bei, dass die Normalisierung von beispielsweise rassistischer, antimuslimischer oder antisemitischer Sprache durchbrochen wird. So wurde der Begriff „christlich-jüdische Identität“ (beispielsweise in Bezug auf die Bevölkerung Österreichs oder Europas) von Sebastian Kurz seit Jahren als schützenswert bezeichnet.Weiterführende Links: Sebastian Kurz im Interview mit Gerald Heidegger, ORF.at: „Sehe mich stark liberal geprägt“, 13.05.2018, online unter: https://orf.at/v2/stories/2437584/2437586/ [05.06.2020]; Kittner, Daniela: „Kurz will, dass die EU die ,christlich-jüdische Identität schützt‘. ÖVP-Chef deponiert Wünsche an neue Kommission. EVP betont Abgrenzung von Rechtspopulismus.“ In: Kurier, 21.11.2019. https://kurier.at/politik/inland/kurz-will-dass-die-eu-die-christlich-juedische-identitaet-schuetzt/400681271 [05.06.2020]. Viele Medien haben diesen Begriff unüberlegt übernommen, jedoch handelt es sich dabei um einen in rechten und rassistischen Diskursen verwendeten Begriff. Durch die angesprochene Normalisierung dieser Art von Begriffen durch die Mainstream-Medien kommt es zu solchen Verschiebungen. Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit, wie sie von IAM geleistet wird, ist daher höchst notwendig, um das Voranschreiten von rechtspopulistischer und damit rassistischer, sexistischer, klassistischer, antimuslimischer und antisemitischer Rhetorik zu unterbinden.

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😘 Lesen lohnt sich! ⬇️ . Der erste Kongress der Europäischen Volkspartei nach der EU-Wahl im Mai findet gerade in Zagreb statt. . ❓➡️ Dort hat ÖVP-Chef Sebastian Kurz gesagt, die neue EU-Kommission müsse „endlich“ den Außengrenz"schutz" zustande bringe, „damit wir steuern können, wer nach Europa darf und wer nicht“. Außerdem sagte Kurz er wolle, dass die EU-Kommission ⁉️„Europas christlich-jüdische Identität und die Aufklärung schützt“. ⁉️ Man solle „nicht mehr Menschen aufnehmen, als man integrieren kann“. . ‼️ PROBLEM: Viele Historiker*innen und andere kritische Stimmen weisen darauf hin, dass der Begriff "christlich-jüdisch" ganz stark von rechten Parteien und Bewegungen in rassistischen Diskursen auf eine verfälschende und schädliche Art verwendet wird. Und zwar: . ☝️➡️ Problem 1: Der Begriff "christlich-jüdisch" verschleiert, dass Juden* und Jüdinnen* in Europa seit fast 1000 Jahren von Christ*innen verfolgt und/oder unterdrückt wurden und bis heute Antisemitismus ausgesetzt sind. Von welcher "christlich-jüdischen Identität" soll hier also die Rede sein? ☝️➡️ Problem 2: Der Begriff "christlich-jüdisch" wird sehr oft (wie auch beim obigen Zitat von Sebastian Kurz) in einem antimuslimisch-rassistischen Kontext verwendet, um vor einer angeblich drohenden "Islamisierung" zu warnen. Statt dass sich Europa oder Österreich mit seinem Antisemitismus und Rassismus auseinandersetzt, werden Muslime* und Muslimas* als die "eigentlichen Antisemiten" dargestellt. ‼️Gleichzeitig geht es politischen Akteur*innen, die von der "jüdisch-christlichen Identität" sprechen aber meist gar nicht um den Schutz von Minderheiten, zu denen Juden* und Jüdinnen* gehören. 💁‼️Das merkt man alleine daran, dass Sebastian Kurz' ÖVP mit der rechtsextremen und für ihren Antisemitismus bekannten FPÖ koaliert hat! . (Quellen zum Begriff "christlich-jüdisch": Zeit Online, 27.8.2017, Name: "Judentum: Weil's besser klingt" & FAZ, 2.4.2018, Name: "Islam-Debatte: Jüdisch, ehrenhalber?") . (Quelle: Kurier, 21.11.2019) . Satire 💃 . [Bildbeschreibung: folgt.] . . . #sebastiankurz #övp #antisemitismus #antimuslimischerrassismus #fpö #eupolitik #austrianpolitics #österreich #rechtspopulismus

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Abb. 5: IAM wies im Begleittext zu diesem Meme auf die fast 1000 Jahre in Europa andauernde Verfolgung von Jüd*innen durch Christ*innen sowie auf den impliziten antimuslimisch-rassistischen Kontext des Begriffs hin. Daraufhin bedankte sich eine Person für die Kontextualisierung, die sie davor bewahrte, den Begriff in den eigenen Sprachgebrauch zu übernehmen. Siehe Instagram: @ibiza_austrian_memes, Post vom 21.11.2019, online unter: https://www.instagram.com/p/B5I1AY1hjPp/ [05.06.2020].


IAM und intersektionale Vermittlung  

Anahita Neghabat beschreibt ihre Arbeit als basierend auf intersektional-feministischer und antirassistischer Perspektive.Kimberlé Crenshaw führt 1989 den Begriff der Intersection ein, um die Mehrfachdiskriminierungen in Bezug auf Geschlecht und Race zu benennen und beschreibt diese buchstäblich anhand einer Verkehrskreuzung. Bei einem Unfall wären, schreibt Crenshaw, unterschiedliche Verkehrsteilnehmer*innen unterschiedlich beteiligt. Es kann zu mehrfachen Verletzungen kommen. Im Kontext von Diskriminierung und Rassismus wird daher von Mehrfachdiskriminierung gesprochen. Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen sind jeweils andere, abhängig von Race, Class, Gender und sexueller Orientierung (vgl. Crenshaw 1989: 149) Intersektionalität als Argumentationsbasis hat sich seit Crenshaws Konzept der Intersektionalität weit im feministischen Diskurs verbreitet und wird auch in Bezug auf das Internet und die vorherrschenden Machtverhältnisse sowie auf potenzielle Gegennarrative diskutiert (vgl. Noble/Tynes 2016).

„Im Hinblick auf technofeministische Praxis beinhaltet Sorge tragen, technologische Gefüge nicht nur als Objekte, sondern als Knoten sozialer und politischer Interessen zu verstehen und somit auch in die Produktion von Wissen(schaft) und Technik zu intervenieren.“ (Sollfrank 2018: 18)

Im Fall von IAM bedeutet das intersektionale Arbeiten, dass Anahita Neghabat bei der Vermittlung von tagespolitischen Ereignissen darauf bedacht ist, keine Diskriminierungen zu reproduzieren oder gar zu erzeugen, beispielsweise durch Witze über Aussehen, Körpereigenschaften, Geschlecht, Alter und Herkunft oder durch das Fokussieren auf Nebenstränge des eigentlich relevanten Problems.Als beispielsweise im Rahmen eines Spesenskandals einer österreichischen Parlamentspartei die Berichterstattung darauf abzielte, den Fokus auf den Parteiobmann zu lenken, der tausende Euro monatlich für Online-Games über die Partei abgerechnet hätte, wollte der Account IAM dies nicht berichten. Gründe sind, dass dieses Detail die Schwere der eigentlichen Tat verharmlost bzw. von der eigentlich zu führenden Diskussion ablenkt. Andererseits basiert ihre intersektionale Vermittlung auf der Prämisse, dass ihre Memes und die damit verknüpfte Information für so viele Personen wie möglich zugänglich sein sollen. Jedes Meme wird kontextualisiert, dafür verwendet Neghabat möglichst einfache Worte, sie verweist auf Quellen, wie Tageszeitungen, Fernsehen und Rundfunk und gibt ebenfalls eine schriftliche Bildbeschreibung der Memes. Dahinter stehen unterschiedliche Vermittlungsabsichten — einerseits sollen die Inhalte bewusst verkürzt und damit ein schnelles Lesen und Erfassen des Sachzusammenhangs ermöglicht werden, andererseits bieten die Bildbeschreibungen niederschwelligen Zugang.

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Quo vadis Austria? 🤪 . ❓ Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat das ganze Ibiza-Video beschaffen können und jetzt Fotos von der Fake-Oligarchin veröffentlicht. . ➡️ Währenddessen steckt Heinz-Christian Strache mitten im Wien-Wahlkampf. 😑 . ‼️WICHTIGE INFOS 😳 ➡️ Die bisher bekannten von HC Strache im Ibiza-Video getätigten Aussagen ergeben laut der zuständigen Staatsanwaltschaft keine Straftat ALLERDINGS NUR ➡️ weil es hier eine Gesetzeslücke gab, die jetzt von der Grünen Justizministerin Alma Zadić geschlossen wird. ☝️ . ‼️BISHER war es so, dass Politiker*innen NICHT bestraft werden konnten, wenn sie korrupte Deals versprechen, zu deren Umsetzung sie NOCH gar nicht die Macht haben. 😩 . ➡️ 😵 Das ist der einzige Grund, warum HC Strache für seine bisher bekannten Aussagen in Ibiza nicht belangt werden kann: ➡️ Er hat quasi gesagt, wenn ich erstmal Vizekanzler bin, machen wir diese und jene korrupte Sache.🧐 Er war aber NOCH nicht Vizekanzler also ist er fein raus, spielt das Unschuldslamm und kehrt in die Politik zurück. 😷 . ☝️ HC Strache ist jedoch in der Casino- und Spesenaffäre Beschuldigter. Es ist also noch nicht aller Tage Abend. 😈 Es gilt die Unschuldsvermutung. . (Quellen: Standard, 27.5.2020; ORF.at, 17.5.2020) . Satire 💃 . [Bildbeschreibung: "Wenn nach der 'Oligarchin' aus Ibiza gefahndet wird, während du bei den Wien-Wahlen antrittst". Dazu ein Bild vom grinsenden Strache und der Text "Das ist mein Esterreich, liebe Freinde"] . . . #heinzchristianstrache #hcstrache #ibizavideos #ibizagate #ibizaskandal #strachegate #wienwahl2020 #wiendarfnichtösterreichwerden #wienbleibtstabil #austrianpolitics #austria🇦🇹 #austrianmemes #diegrünen #justizministerin #korruption #politsatire #politischememes #österreichmemes #fpöfails #thc #teamhcstrache

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Abb. 6: In diesem Post wird deutlich, wie sorgfältig Anahita Neghabat die Memes kontextualisiert und die Informationen gliedert. Zu einem Meme, das auf kürzlich veröffentlichte Fahndungsfotos einer als Lockvogel massgeblich an dem Ibiza-Video Beteiligten anspielt, erläutert Anahita Neghabat den Kontext zu den rechtlichen Hintergründen der laufenden Untersuchungen zum Ibiza-Skandal. Mittels Emojis, Hashtags und leicht verständlichen Quellenberichten vermittelt IAM die gründlich recherchierten Fakten. Für gute Verständlichkeit und Übersichtlichkeit folgt sie dabei immer dem gleichen Schema. Siehe Instagram: @ibiza_austrian_memes, Post vom 27.05.2020, online unter: https://www.instagram.com/p/CAspz03HVFc/ [05.06.2020].

  

Memes und (schulische) Vermittlung oder: Memes im Unterricht

Im Schulwesen bzw. im Kunstunterricht gibt es stellenweise noch grosse Vorbehalte gegenüber Memes. Lehrer*innen wehren sich teilweise, das Medium im Unterricht zu besprechen, was daran liegen mag, dass Memes aufgrund ihrer einfachen Produktion und ihrer stark verkürzenden Art als unseriös gelten. Für viele junge Menschen ist „instant content producing“ jedoch Teil des Alltags (vgl. Nagle 2017: 8). Gerade wegen der Omnipräsenz von Memes in unterschiedlichen Jugendkulturen trägt eine kritische Behandlung im Unterricht zur Medienbildung und politischen Bildung bei. Memes ziehen sich durch alle Kulturszenen und werden von der neuen Rechten genauso verwendet wie von linken Gruppen. In den vergangenen Jahren haben sich rechte Gruppierungen nicht nur auf der Strasse, beispielsweise durch Sticker, sondern auch online vormals als links geltende Strategien in kulturellen „Kämpfen“ angeeignet (vgl. Goerzen 2017). Dabei spielt den rechten Gruppen nicht nur die Anonymität im Netz in die Hände. Wie allgemein bekannt, haben solche Gruppen einen Hang zur Vereinfachung, zu Fake News, generell zu Hass sowie Gewalt und Diskriminierung auf allen Ebenen. Memes scheinen dafür ideal, da sie zuspitzen und verkürzen (vgl. Goerzen 2017). Gedanken oder gar Quellen zu nennen ist in diesen Kreisen äusserst unüblich.

 

Dem stellen sich die Praxen intersektionaler, feministischer, queer-feministischer, dekolonialer Memer*innen entgegen, die durch Kontext und Erklärungen gegen Hass und Hetze auf pointierte Art unterhalten und informieren. Mit der Produktion und Publikation von Memes, wie sie auch IAM praktiziert, geht eine Handlungsermächtigung einher. Die Produzent*innen, darunter vielfach Jugendliche, nehmen es selbst in die Hand, welche Bilder sie mittels Daumen und Bildschirm erstellen und ins Netz stellen. Der Account Ibiza Austrian Memes zeigt, wie Memes als „Beitrag zur Gegenwartsbewältigung“ (Schütze 2019: 125) — in diesem Fall der politischen Krise um die Ibiza-Affäre — eingesetzt werden können. Genau in dieser Bewältigung liegt auch eine Chance für die Kunstvermittlung. Eva Sturm bezeichnet eine Vermittlungssituation als Reaktion auf ein „Aus-den-Fugen-Geraten“: „Und dann wird eine Antwort auf dieses Aus-den-Fugen-Geraten gemacht. Die kann ästhetisch sein. Chance der Vermittlung, der Lehre!“. (Sturm 2015: 9) IAM ist auf mehreren Ebenen ein Beispiel für eine solche Antwort auf etwas, das aus den Fugen geraten ist. Der Account findet Eingang in die Lebenswelt von Jugendlichen, die zuvor möglicherweise nicht informiert oder interessiert waren. Diese finden somit Zugang zu tagespolitischen Themen und beginnen eventuell, selbst Memes zu produzieren.Via Privatnachricht an IAM berichten Schüler*innen, wie der Account die gesamte Klasse politisierte.  

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Wir fordern Zöpferl-Diktatur jetzt!!! 👧✊ . ❓Am Samstag hatte die FPÖ ihr traditionelles Neujahrstreffen. FPÖ-Chef Norbert Hofer wetterte dort gegen die Türkis-Grüne "Zöpferl-Koalition". . 🤡 Uns jungen Leuten lässt er ausrichten, wenn wir ernsthaft was fürs Klima tun wollen, sollen wir net so deppat demonstrieren gehen. ➡️ Hofer: "Demonstrieren zu gehen heißt Schule zu schwänzen." Stattdessen sollen wir laut Hofer lieber aufhören das Internet zu verwenden 😜 . (Quelle: ZIB auf Facebook, 11.1.2020) . ❓Wir erinnern uns: Bei einer Elefantenrunde vor den Nationalratswahlen hat Norbert Hofer vor einer "Zöpferl-Diktatur" gewarnt oder wie andere Menschen sagen würden ... Nachhaltige Klimapolitik 😂 . Satire 👧🏽 . [Bildbeschreibung: Text: "Wenn du dir die Welt machst wiede wiede wie sie dir gefällt". Darunter ein Bild mit der Überschrift: "Willkommen in der Zöpferl-Diktatur". Auf dem Bild zu sehen ist Norbert Hofer beim Freiheitlichen Neujahrstreffen. Unter ihm steht in Untertiteln: "Ich muss mir von der Frau Thunberg nicht die Welt erklären lassen."] . . . #gretamemes #gretathunberg #norberthofer #zopferldiktatur #fpö #fridaysforfutureaustria #klimanotstand #klimapolitik #klimawandel #klimaschutz #klimastreik #climatejusticenow #klimagerechtigkeit #okbommer #freiheitlicheparteiösterreich #hurradieweltgehtunter #austrianpolitics #österreichischememes #politischememes #satire #austrianmemes #austria🇦🇹

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Abb. 7: Beiträge wie dieser, der sich auf die Klima-Krise und Fridays-for-Future-Demonstrationen bezieht, betreffen unmittelbar die Lebensrealität von Schüler*innen und Jugendlichen. Darin kritisiert der aktuelle Bundesparteiobmann der FPÖ, Norbert Hofer, dass Schüler*innen und Jugendlichen für den Klimaschutz demonstrieren und bezeichnet auf beleidigende Art und Weise die aktuelle Regierung als „Zöpferl-Diktatur“ in Anspielung auf die Frisur der Klima-Aktivistin Greta Thunberg. Siehe Instagram: @ibiza_austrian_memes, Post vom 12.01.2020, online unter: https://www.instagram.com/p/B7PJ18nBbON/ [05.06.2020].

 

Fazit  

Mit der Publikation der Memes geht immer, wie schon mit Sturm beschrieben, eine gewisse Ungewissheit bzw. ein in Kauf genommener Kontrollverlust einher (vgl. Sternfeld 2009: 22). Diese Ungewissheit eröffnet aber auch potenzielle Möglichkeitsräume, die nicht vorhersehbar sind und im Falle von IAM zu einer einflussreichen aktivistischen Praxis geführt haben. Beiträge gehen viral, verbreiten sich unkontrolliert im gesamten Internet und tauchen in den unterschiedlichsten Kontexten wieder auf, die teilweise auch zu Shitstorms führen können. Daher ist es umso wichtiger, dass Konsument*innen sowie für Seiten und Plattformen verantwortliche Personen einen aufmerksamen, emanzipierten Umgang mit Inhalten im Netz praktizieren und somit gemeinsam mit den Produzent*innen von Beiträgen (hier: Memes) aufmerksam und solidarisch auf Diskriminierung und Gewalt im Netz reagieren können (vgl. Lingg 2021). Im Sinne einer „(ästhetischen) Vermittlung 2.0“ (Leeker 2018) unterstreichen diese Punkte die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Memes in der Schule bzw. im Kunstunterricht.

 

Literatur:

Crenshaw, Kimberlé (1989): „Demarginalizing the Intersection of Race and Sex. A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics.“ In: University of Chicago Legal Forum, Vol. 1989, Iss. 1, Article 8. http://chicagounbound.uchicago.edu/uclf/vol1989/iss1/8 [12.06.2020].

Goerzen, Matt (2017): „Notes Toward the Memes of Production.“ In: Texte zur Kunst, Nr. 106/Juni 2017. https://www.textezurkunst.de/106/uber-die-meme-der-produktion/ [05.06.2020].

Grünwald, Jan (2019): Der Zweifel als produktive Möglichkeit in der kunstpädagogischen Praxis. In: Sabisch, Andrea/Meyer, Torsten/Lüber, Heinrich/Sturm, Eva (Hg.), Kunstpädagogische Positionen, Band 49. Hamburg, Universitätsdruckerei.

Kolb, Gila/Schmidt, Helena (2020): The Art of Art-Memes. In: Bettinger, Patrick/Hofhues, Sandra/Kaspar, Kai/Helmke, Jan Keden/Moormann, Peter/Zahn, Manuel (Hg.), Mikroformate. Mediale Kleinstformate zwischen (Re-)Produktion und Wahrnehmung. München, kopaed, vorr. 2020.

Leeker, Martina (2018): (Ästhetische) Vermittlung 2.0. Von Kunst-/Vermittlung und Kritik in digitalen Kulturen. In: Sabisch, Andrea/Meyer, Torsten/Lüber, Heinrich/Sturm, Eva (Hg.), Kunstpädagogische Positionen, Band 40. Hamburg, Universitätsdruckerei.

Al-Serori, Leila/Das Gupta, Oliver/Münch, Peter/Obermaier, Frederik/Obermayer, Bastian (2020): „Ein Jahr Ibiza-Affäre. Ein Beben, das andauert.“ In: Süddeutsche Zeitung, 17.05.2020. https://www.sueddeutsche.de/politik/ibiza-affaere-strache-1.4909474 [29.05.2020].

Lingg, Sophie (2021): Caring Curatorial Practice in Digital Times. In: Bosold, Birgit/Fritsch, Lena/Hofmann, Vera/Krasny, Elke/Lingg, Sophie (Hg.), Radicalizing Care. Feminist and Queer Activism in Curating. Berlin, Sternberg Press, vorr. 2021.

Nagle, Angela (2017): Kill All Normies. Online Culture Wars from 4chan and Tumblr to Trump and the Alt-Right, Winchester, UK ; Washington, USA.

Noble, Safiya Umoja/Tyne, Brendesha M. (2016): Introduction. In: Noble, Safiya Umoja/Tyne, Brendesha M. (Hg.), The Intersectional Internet. Race, Sex, Class, and Culture Online. New York, Peter Lang, S. 1-21.

Schütze, Konstanze (2019): „Bildlichkeit nach dem Internet – Kunstvermittlung am Bild als Gegenwartsbewältigung.“ In: Kristin Klein, Willy Noll (Hg.), Postdigital Landscapes. Kunst und Medienbildung in der digital vernetzten Welt, Zeitschrift Kunst Medien Bildung | zkmb 2019. http://zkmb.de/bildlichkeit-nach-dem-internet-kunstvermittlung-am-bild-als-gegenwartsbewaeltigung/ [05.06.2020].

Shifman, Limor (2014): Memes in Digital Culture. MIT press essential knowledge, Cambridge, Massachusetts, The MIT Press.

Sollfrank, Cornelia (2018): Die schönen Kriegerinnen. Technofeministische Praxis im 21. Jahrhundert. Wien, Transversal Texts.

Sternfeld, Nora (2009): Das pädagogische Unverhältnis. Wien, Turia und Kant.

Sturm, Eva (2015): „Die Position ,Von Kunst aus‘ in 9 Punkten dargelegt.“ In: Kulturagenten für kreative Schulen. http://publikation.kulturagenten-programm.de/detailansicht.html?document=161&page=reflexion.html [05.06.2020].

Wajcman, Judy (2004): Technofeminism. Cambridge, Polity.

Kurzbiografien der Autor_innen: