KlimaKontor Basel – Künstlerische Verhandlungsräume für Zukunftsgestaltung. Ein Reisebericht
Abstract:
Das KlimaKontor Basel initiiert übergreifende, partizipative Kunst-Projekte, die Basler Institutionen und Akteur*innen aus Kunst, Wissenschaft und Zivilgesellschaft neu vernetzen, um nachhaltige, solidarische und innovative Antworten auf die Klimakrise zu entwickeln. Im Beitrag berichtet die Co-Leiterin und Gründerin Barbara Ellenberger von der Entstehungsgeschichte, aktuellen Beispielprojekten und den bisherigen Erfahrungen beim Aufbau des Netzwerkes. Wie kann Kultur dazu beitragen, der Klimabewegung mehr Gehör bei der Politik und in der Öffentlichkeit zu verschaffen? Wie kann sie uns Bürger*innen vermitteln, dass es um das eigene Überleben und das unserer Kinder geht? Wie können Klimaanliegen durch Kunst verstärkt und besser vermittelt werden? Wie kann Kunst vielleicht auch Politiker*innen helfen, mutiger und beherzter Sachpolitik über Machtkalkül zu stellen? Wie kann es gelingen, dass uns allen die unfassbare Dringlichkeit der aktuellen Situation bewusst wird? Wie können wir als ganze Gesellschaft in einen inspirierten Krisen-Modus des neugierigen Ausprobierens kommen? Wie können wir angesichts der radikalen Klimakrise radikale Entscheide treffen oder begrüssen? Was müssen wir verstanden haben, um das Offensichtliche und Notwendige zu tun? Diese und weitere Fragen treiben uns an, das KlimaKontor stetig weiterzuentwickeln.

Barbara Ellenberger hat jahrelang Theater in Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz geleitet. Zuletzt leitete sie das Millers Theater in Zürich, zuvor das TAK Theater Liechtenstein, das sie zu einem initiativen Knotenpunkt in der lebendigen Liechtensteinischen Kulturlandschaft entwickelt hat. Als Chefdramaturgin und geschäftsführende Schauspieldirektorin am Stadttheater Hildesheim spielte sie eine prägende Rolle bei der Entwicklung des sogenannten Hildesheimer Modells, eines Kooperationsprojekts von Stadttheater, Freier Szene und Universität, das bei der Theateranhörung im Deutschen Bundestag 2003 als beispielgebend für die Strukturreform des Deutschen Theatersystems vorgestellt wurde. Mit diesem Rucksack machte sie sich 2019 auf den Weg – um Neuland zu beschreiten. Das KlimaKontor, das sie mit Luzia Schelling in Basel auf die Beine stellte, initiiert übergreifende, partizipative Kunstprojekte, die Basler Institutionen und Akteur*innen aus Kunst, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vernetzen, um nachhaltige, solidarische und innovative Antworten auf die Klimakrise zu entwickeln. Wie kam es dazu und was treibt sie um? Barbara Ellenberger berichtet.

 

An einem heissen Sommerabend arbeitete ich bei offenem Fenster und bemerkte plötzlich, dass sich kein Insekt in meine Stube verirrt hatte. Kein einziges. Wie gelähmt sass ich da. Lauschte, hoffte ein Surren, Schwirren, ein Sirren zu vernehmen. Ich wagte nicht auf die Strassenlampen zu schauen. In den folgenden Tagen war ich wie in Watte. Die Welt war still, viel zu still. Keine Bienen, keine Käfer, wenig Vögel. Autos, Busse und Flugzeuge wie eh und je. 
Eine stille Panik hatte mich gepackt. Ich begann zu lesen. Querbeet. Fachzeitschriften, Essays, Bücher, Forschungsberichte, hörte mir Vorträge und Podcasts an, informierte mich über die Klimabewegung und entdeckte Autor*innen und Wissenschaftler*innen wie Timothy Morton, Donna Haraway, Bruno Latour, Naomi Klein, Jonathan Safran Foer, stiess auf Wissenschaftler*- und Aktivist*innen wie Lynn Margulis, Claire Wordley, Christiana Figueres u.v.a.m. Und ich wusste: Hier will ich anknüpfen. Und jetzt ist der Moment, aktiv zu werden.

Die Theaterwelt hat mich schon früh fasziniert. Ich habe mit Lust, Leidenschaft und Erfolg über 30 Jahre lang in ihr gearbeitet. Doch ohne genau zu verstehen, schlichen sich Zweifel an der Sinnhaftigkeit meines Tuns ein. Fast über Nacht wurde mir klar: In der Bedrängnis durch die Klimakrise reicht es nicht aus, das Theater als Spielplatz der Möglichkeiten, als faszinierende Parallelwelt zu begreifen, in der gesellschaftsrelevante Themen verhandelt werden. Es reicht nicht aus, nur Theaterformen zu erfinden angesichts der enormen Herausforderung, innerhalb weniger Jahre unsere gesamte Lebensweise in der Realität zu transformieren und unsere Sicht auf die nicht-menschliche Mitwelt neu zu entdecken. Doch wie umsteigen? Wie sich neu positionieren?

Um als Freischaffende nicht von Existenzängsten gelähmt zu werden, beschloss ich als erstes, meine Fixkosten radikal zu senken. Ohne zu wissen, wohin mich mein Weg führen würde, fing ich an, meine Habseligkeiten zu reduzieren und zu packen. Ich kündigte meine Stelle als Leiterin des Millers Theaters, zog nach Basel und verbrachte erst einmal drei Monate in England – to emprove my English –, um für künftige Aufgaben besser gewappnet zu sein. Zurückgeworfen ins Student*innenleben genoss ich die Tage ohne Verantwortung für einen Theaterbetrieb, für Künstler*innen, Publikum, Budget, Kommunikation, Mitarbeitende, Aufsichtsrat, Gönnerverein, Städtische Kulturbehörden, Konkurrenzveranstaltungen und und und… Und ich lernte junge Klimaaktivist*innen von Extinction Rebellion kennen, deren Meetings und Trainings ich besuchte. So erfuhr ich – was ich vorher nicht sicher wusste –, dass ich auch ausserhalb des Theaters spannende, kreative Aufgaben sowie neue Gestaltungs- und Kooperationsformen finden kann. 

In Luzia Schelling, Theaterfrau wie ich, Regisseurin, Dramaturgin und Schauspielerin, eine gute Freundin und Arbeitskollegin aus meinen Hildesheimer Zeiten, habe ich eine Mitstreiterin gefunden. Anfang 2020 starteten wir die Initiative zum KlimaKontor Basel: Wir teilen die Zuversicht, dass sich im Verbund mit Künstler*innen, Kultur-Akteur*innen und Expert*innen eine Plattform für bewusstseinserhellende Performances, Grenzen sprengende Dialoge, transformierende Erfahrungen schaffen lässt, kurzum: für künstlerische Aktionen, die spürbar machen, dass wir Menschen Teilchen im globalen Netzwerk der Biosphäre sind, das sich mitten im sechsten Massensterben befindet. Und dass wir jetzt noch eine Chance haben, eine Welt zu schaffen, in der auch künftige Generationen auf einem zwar beschädigten, aber überlebensfähigen Planeten ein gutes Leben führen können, wenn es gelingt, die Erderhitzung in den kommenden zehn Jahren – sprich: genau jetzt – zu stoppen.

Tatsächlich ist es inzwischen gelungen, mehrere Basler Kulturinstitutionen, zahlreiche Kunstschaffende, Profis und Laien, mit den Ideen des KlimaKontors zu inspirieren. Unsere umfangreichen Gesuche um finanzielle Förderbeiträge wurden grosszügig bewilligt. Verschiedene Projekte sind entstanden, einige befinden sich coronabedingt in der Warteschleife, weitere in Vorbereitung. Unser Anliegen, dass auch die Kultur zum dringend notwendigen gesellschaftlichen Wandel in der Klimapolitik beitragen muss, wird verstanden und gefördert.

Kunst kann – was uns selbst so schlecht gelingt – unsere eingeschliffenen Gewohnheiten hinterfragen, aufbrechen, durcheinanderbringen, neu ordnen, kreativ weiterentwickeln und spielerisch alternative Lebensentwürfe erfahrbar machen. Denn es fehlt uns weder an Erkenntnissen noch an technologischer Machbarkeit: Es fehlt nur der politische Wille – mangels Erfahrungswerte mit einer Ökonomie, die sich an Kreisläufen orientiert, und mangels Vorstellungskraft, wie eine klimagerechte Welt aussehen könnte. Ich finde es daher höchst spannend, neue Aufgaben und Möglichkeiten für die Künste im Feld von Klimaaktivismus, zivilgesellschaftlichen Initiativen, Umweltwissenschaften, Philosophie und Politik zu entwickeln und zu initiieren. Namhafte Philosoph*innen und Wissenschaftler*innen haben vor dem Hintergrund der Klimakrise neue Welt- und Menschenbilder entworfen. Ihre Visionen konkretisieren sich meist in Sachbüchern, Fachartikeln, Diagrammen und Tabellen. Sie erreichen kein breites Publikum, obschon dieses – oft weit mehr als die Politik – an der Veränderung des status quo interessiert ist. Kunst hingegen ist ein ausgezeichnetes Medium, die ‚trockenen‘ Erkenntnisse der Wissenschaft zugänglich zu machen. Ziel ist nicht platte Propaganda, sondern ein sinnlich-lustvoller Erkenntnisgewinn. Neue Kunst eben.

Mit dem Klimakontor haben wir ein Instrument geschaffen, das Künstler:innen dazu animiert, ausgehend von neuen philosophischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen künstlerische Ereignisse zu kreieren, die für ein breites Publikum attraktiv sind. Sie schaffen Erfahrungs-, Möglichkeits- und Verhandlungsräume, in denen neue zukunftsfähige Welten konkret spür-, erfahr- und debattierbar werden. Nun sind wir in Basel dabei, diese Kulturprojekte enger mit der Klimabewegung zu verknüpfen. Die Klimabewegung hat das Coronajahr genutzt, um sich global noch besser zu vernetzen. Sie hat wissenschaftlich fundierte Aktions- und Massnahmenpläne vorgelegt – und ihre Bereitschaft zum zivilen Ungehorsam ist gestiegen.

Wie kann Kultur dazu beitragen, der Klimabewegung mehr Gehör in Politik und Öffentlichkeit zu verschaffen? Wie kann sie uns Bürger*innen vermitteln, dass es um das eigene Überleben und das unserer Kinder geht? Wie können Klimaanliegen durch Kunst verstärkt und besser vermittelt werden? Wie kann Kunst vielleicht auch Politiker*innen helfen, mutiger und beherzter Sachpolitik über Machtkalkül zu stellen? Wie kann es gelingen, dass uns allen die unfassbare Dringlichkeit der aktuellen Situation bewusst wird? Wie können wir als ganze Gesellschaft in einen inspirierten Krisenmodus des neugierigen Ausprobierens kommen? Wie können wir angesichts der radikalen Klimakrise radikale Entscheide treffen oder begrüssen? Was müssen wir verstanden haben, um das Offensichtliche und Notwendige zu tun? Diese und weitere Fragen treiben uns an, das KlimaKontor stetig weiterzuentwickeln.

Projektbeispiele

Die Projekte der ersten KlimaKontor-Saison bilden Cluster in vier thematischen Feldern. Sie sind so kuratiert, dass sie mit unterschiedlichen Partner*innen in zahlreichen Netzwerken ein möglichst breites Publikum erreichen. Pandemiebedingt mussten einige Projekte verschoben oder neu aufgesetzt werden, die Clusterstruktur löste sich auf. Dennoch vermittelt sie unsere Intention und dokumentiert die Fragestellungen, mit denen wir an die Kunst herangetreten sind: 

  • Cluster Verbinden:Wie können wir uns zu anderen Lebewesen neu in Beziehung setzen? 
  • Cluster Wissen:Welche Narrative prägen unsere Sicht auf die Um- und Mitwelt? Wie können wir unseren eigenen Standpunkt öffnen? 
  • Cluster Zukunft:Wohin führt der nächste Schritt, wenn wir im Dunkeln tasten?
  • Cluster Freiheit:Wie können wir Freiheit mit Solidarität neu verbinden, wenn der Zusammenhalt schmilzt?
Vor dem Theater flattern Nicole Schuck’s Tauben-Zeichnungen im Stadtraum …

Vor dem Theater flattern Nicole Schuck’s Tauben-Zeichnungen im Stadtraum …


… während die Stadttauben in der Alten Billettkasse auf Zeit mit Seraina Dür und Jonas Gillmann zusammen leben.


In "WECHSEL.WIRKUNG / Ein Tisch für Klimabewegte“ entstehen Protestbanner mit der Künstlerin Mimi von Moos.


Verbinden: Espírito da floresta / Der Geist des Waldes – Klima-Chorstück von Marcus Maeder

Der Naturwissenschaftler und Komponist Marcus Maeder befasst sich seit vielen Jahren mit Veränderungen in der Biosphäre durch den Klimawandel. Das KlimaKontor erteilte ihm einen Kompositionsauftrag mit dem Ziel, mit Hilfe unterschiedlichster Basler Laienchöre nicht-menschlichen Akteuren eine Stimme zu verleihen und abstrakte Daten sinnlich erfahrbar zu machen. So hat der Bio-Akustiker, der mit der Forschungsstation INPA in Zentralamazonien zusammen arbeitet, für Espírito da Floresta Messdaten von CO2-Konzentrationen vertont und gleichzeitig deren unmittelbaren Einfluss auf die Klanglandschaft des Regenwaldes hörbar gemacht. Geplant war, dass rund 20 Basler Laienchöre Maeders Komposition in Verbindung mit einer erläuternden Sprechstimme im Rahmen ihrer gewohnten Routine einstudieren und als Teil ihres Repertoires einem breiten, diversen Publikum zugänglich machen.

Corona bedingt wurden Proben und Auftritte von Laienchören jedoch untersagt. Dennoch suchten alle Beteiligten – angetan vom Werk und überzeugt von der Dringlichkeit, mit möglichst vielen Menschen über die Klimakatastrophe ins Gespräch zu kommen – nach alternativen Möglichkeiten einer Uraufführung.

So war es eine glückliche Fügung, dass der Dirigent Jakob Pilgram daran interessiert war, die Komposition mit seinem Vokal-Ensemble larynx einzustudieren. Das Projekt hat sich damit in neue Netzwerke verschoben. Zusätzlich entstand die Möglichkeit einer Kooperation mit dem Festival CULTURESCAPES (2021 mit dem Schwerpunkt Amazonas).
Espírito da floresta stösst in klangliches Neuland vor. Die Stimmen, die auf Meessdatenreihen beruhen, weichen z.T. nur minimal voneinander ab, so dass geheimnisvolle „Schwebungen“  entstehen, die Zuhörende auch als Pulsieren wahrnehmen. Der ‚Organismus Chor‘, der gemeinsam atmet, schwingt und klingt, verbindet sich mit dem Organismus Regenwald: Singende und Zuhörende werden zu Forschenden an der Schnittstelle von Natur(-wissenschaft) und Kultur, und die akute Bedrohung der ‚grünen Lunge‘ des Planeten wird durch den gemeinsam erlebten Gesang zu sinnlich erfahrbarer Realität. Das hat sich nach den beiden Uraufführungskonzerten in Allschwil (BL) und im Musik- und Kulturzentrum Don Bosco (Basel) in den Nachgesprächen mit dem Publikum deutlich gezeigt. Das Chorstück ist gerahmt von zwei akustischen Teilen, die den Zugang zu den komplexen inhaltlichen Zusammenhängen erschliessen: Eine Einführung mit Regenwald-Soundscape und geflüsterten Informationen vom Band, sowie einem dritten Teil mit elektronischer Musik und Live-Übertragung einer Radiostation im Amazonas-Becken, wo die indigene Bevölkerung einen verzweifelten Kampf gegen die Abholzungen führt. 

Der Leiter des Fachwerk Allschwil und Musiklehrer Martin Burr hat das Projekt mit zwei Sekundarklassen begleitet: „Allschwil und der Regenwald, die liegen ganz nah beieinander“, war das Fazit der Schüler:innen. 

Die Umsetzung mit den Laienchören haben wir nach wie vor in Planung. Deren Chorleiter:innen finden nun bei Bedarf dank der professionellen Interpretation eine Orientierungshilfe für den Umgang mit dieser ungewöhnlichen Partitur. Espírito da floresta / Der Geist des Waldes – Klima-Chorstück von Marcus Maeder, Uraufführungen: Mittwoch, 24. November 2021, 19 Uhr, Kirche Allschwil und Donnerstag, 25. November 2021, 19 Uhr, Kulturzentrum DON BOSCO, Basel. Im Rahmen von CULTURESCAPES 2021 – AMAZONAS, Marcus Maeder (Kompsition), Jakob Pilgram (Musikalische Leitung), Anne Schöfer (Projektleitung, Dramaturgie). Kooperation mit larynx Vokalensemble, CULTURESCAPES 2021 – AMAZONAS, Fachwerk Allschwil. 

Jakob Pilgram probt mit den LARYNX-Sängerinnen die CO2-Partitur von Marcus Maeder


Wissen: Ganz Ohr – 100 Podcasts für den Grossen Rat In Kooperation mit podcastlab.ch und sechs Schulklassen aus Basel, Birsfelden und Pratteln.

An den Oberstufenschulen Bäumlihof, Birsfelden und Pratteln sind in Zusammenarbeit mit dem podcastlab 100 Podcasts von 100 Schüler*innen für die 100 Mitglieder des Basler Grossen Rats entstanden. 100 individuelle, persönliche Klimaanliegen finden so den direkten Weg ins Ohr einer*eines ganz bestimmten Politiker*in. Sie erinnern den Grossen Rat an seine beschlossenen Klimaziele und ermutigen die einzelnen Ratsmitglieder, ihre Verantwortung zu übernehmen und diese beherzt umzusetzen.

Die Klassen erhielten Inputworkshops von KlimaKontor und podcastlab zu Klimafakten und zur Erstellung eines Podcast auf dem eigenen Handy. Im Laufe des ersten Klimaworkshops wurde klar, dass die Schüler*innen bereits ein gutes Faktenwissen mitbrachten und bei vielen ein grosses Bedürfnis bestand, sich mit Kolleg*innen über die Auswirkungen dieser Fakten auszutauschen. So adaptierten wir das Workshop-Konzept sukzessive: Die eigenen Sorgen, Ängste, Hoffnungen und Handlungsmöglichkeiten rückten ins Zentrum. Auf Basis dieser Erfahrung entwickelten wir schliesslich, über das Projekt Ganz Ohr hinaus, ein Workshop-Angebot, das Klimagespräche in unterschiedlichsten Gruppen initiierte. 

Die Podcasts basierten auf sorgfältiger Recherche: Jede*r Schüler*in beschäftigte sich intensiv mit der im Losverfahren ausgewählten Politiker*in: Wofür steht diese? Welcher Partei gehört sie*er an? In welchen Kommissionen hat sie*er einen Sitz und was hat sie bis dato umgesetzt? Die eigenen Anliegen wurden formuliert und eine künstlerische Erzählstrategie aus Sounds und Texten für das Medium Podcast gefunden. Die Übergabe der Podcasts fand unter Anwesenheit des Ratspräsidenten sowie des ältesten und des jüngsten Ratsmitglieds statt. In beeindruckenden Reden forderten drei Schüler*innen die Politiker*innen auf, ihre Klimaanliegen ernst zu nehmen und setzten so einen intergenerativen Dialog zwischen ‚denen da unten‘ und ‚jenen dort oben‘ in Gang. Derzeit erreichen uns zahlreiche Antworten an die Jugendlichen aus dem Großen Rat – darunter viele ausführliche Briefe, die zeigen, dass die Podcasts Gehör gefunden haben bei den lokalen Basler Entscheidungsträger*innen. Auch wenn noch nicht absehbar ist, ob auf die Absichtserklärungen Taten folgen, hat der direkte Kontakt auf beiden Seiten etwas in Gang gesetzt. In einem Fall sogar eine persönliche Einladung des Schülers, „seinen“ Politiker zu Hause zu besuchen, um die Klima-Fragen im direkten Gespräch zu vertiefen.

Zweite Projektsaison: Radikale Kunst in radikalen Zeiten – Klimaaktivismus-Boost für Kulturschaffende Der Workshop-Prototyp wurde im Rahmen des m2act-Campus entwickelt. Erste Durchführung: m2act-Campus, Theater Gessnerallee, 24.9.202, Konzeption und Leitung: Olivier Christe, Klimagerechtigkeits-Initiative Basel 2030, Lena Schubert, Kollektiv Klasse Klima und Barbara Ellenberger, KlimaKontor Basel. Aktivistinnen: u.a. Dominik Waser, Landwirtschaft mit Zukunft, Fridays For Future, u.a.

Nach einem Jahr mit dem KlimaKontor, in dem sich die Klimakrise weiter verschärft hat und sich dennoch keine Trendwende in Wirtschaft und Politik abzeichnet, fragen wir uns: Wie kann es sein, dass nicht viel mehr Künstler*innen und Kulturinstitutionen in den Krisenmodus wechseln und mit ihren kostbaren Mitteln die notwendige gesellschaftliche Transformation mitbefördern? Braucht die Kunst einen Klimaaktivismus-Boost, um ‚system-change-relevant‘ zu werden? Muss die Grenze zwischen Aktivismus und Kunst durchlässiger werden? Können Künstler*innen von Aktivist*innen lernen? 

Wir laden Klimaaktivist*innen ein, sich mit Künstler*innen zu treffen. Die Lebenspraxis der Aktivist*innen orientiert sich an der radikalen Herausforderung der Klimakrise. Im Kampf um Klimagerechtigkeit agieren sie in zwei Sphären. In beiden kann und soll Kunst eine wichtige Rolle spielen: In der einen Sphäre werden bestehende zerstörerische Strukturen bekämpft. In der anderen werden alternative Welten gedacht und errichtet. Hier entsteht auch ein Safe Space, in dem sich Aktivist*innen vom Kampf erholen und neue Praktiken des Zusammenlebens einüben. 

Im Austausch zwischen Kulturschaffenden und Aktivist*innen wollen wir ...

  • fragen, wie sich Künstler*innen in beiden Sphären einbringen können, 
  • erproben, was Kunst in diesen Feldern leisten kann,
  • herausfinden, was sich Aktivist*innen von künstlerischen Arbeiten erhoffen,
  • überlegen, wie radikale Kunstprojekte, die tragende Strukturen der realen Verhältnisse in Frage stellen, auch finanziert werden können.

Und nicht zuletzt wollen wir fragen: Wie sieht es angesichts der sich zuspitzenden Klimakatastrophe mit der künstlerischen Freiheit aus? Ist sie obsolet geworden? Oder ein unverzichtbares Gut, gerade dann, wenn sich die Kunst für eine bessere Welt stark machen will?

Work in Progress: KlimaKontor bringt plankton und DOCK Basel zusammen Es handelt sich um eine Kooperation von «plankton» und «DOCK Basel».

Die Natur haben wir uns so weit untertan gemacht, dass ihre Kreisläufe kollabieren. Die Ernährungssicherheit steht auf dem Spiel. Expert*innen und Klimaaktivist*innen streiten sich darüber, ob das persönliche Konsumverhalten jeder und jedes Einzelnen oder aber der politische Kampf wichtiger ist. Sowohl als auch, glauben wir! Plankton – das Gemüseabo aus der Stadt – leistet beides und weit mehr. Als Teil einer weltweiten Bewegung, die regenerative Landwirtschaft betreibt, bietet plankton den Agrarriesen weiterhin die Stirn. Dass plankton die Lebensmittel da anbaut, wo die meisten Menschen wohnen – in der Stadt –, ermöglicht es ihnen, klimaverträglich zu konsumieren. Doch vor allem arbeitet plankton gemeinsam mit seinen Abonnent*innen aktiv an der Kultivierung von Boden, ihrer Stadt und deren Mikroklima. Denn lebendiger Boden fördert die Biodiversität, reduziert den Ausstoss von CO2 und bindet es sogar.

Das DOCK Basel lädt Kunstschaffende ein, mit plankton zusammenzuarbeiten und seine vielfältigen Aktivitäten künstlerisch zu reflektieren, zu verstärken, erfahr-, debattierbar und bewusst zu machen sowie nach künstlerisch-aktivistischen Formen des Protests zu suchen. Die neuen Ackerflächen sollen auch Diskursfläche, Theaterarena, Tanzboden, Konzert- und Protestbühne sein. Auf den Feldern gelebter Zukunft fragen Künstler*innen nach Möglichkeiten, die Konzepte Stadt/Land, Natur/Kultur weiter aus den binären Verkrustungen zu lösen und jenseits der linearen Verwertungslogik eine Vielfalt lebendiger Verbundenheiten von Menschen, Tieren, Pflanzen, Pilzen, Viren und Bakterien zu entdecken. Denn eine radikal neue Sicht auf das Leben, auf unseren Platz in der Biosphäre und unserer Rolle in ihr ist für das Überleben unserer Spezies existenziell.


Weiterführende Links:

[1] Espírito da floresta / Der Geist des Waldes – Klima-Chorstück von Marcus Maeder, Uraufführungen: Mittwoch, 24. November 2021, 19 Uhr, Kirche Allschwil und Donnerstag, 25. November 2021, 19 Uhr, Kulturzentrum DON BOSCO, Basel. Im Rahmen von CULTURESCAPES 2021 – AMAZONAS, Marcus Maeder (Kompsition), Jakob Pilgram (Musikalische Leitung), Anne Schöfer (Projektleitung, Dramaturgie). Kooperation mit larynx Vokalensemble, CULTURESCAPES 2021 – AMAZONAS, Fachwerk Allschwil.

[2] In Kooperation mit podcastlab.ch und sechs Schulklassen aus Basel, Birsfelden und Pratteln.

[3] Der Workshop-Prototyp wurde im Rahmen des m2act-Campus entwickelt. Erste Durchführung: m2act-Campus, Theater Gessnerallee, 24.9.202, Konzeption und Leitung: Olivier Christe, Klimagerechtigkeits-Initiative Basel 2030, Lena Schubert, Kollektiv Klasse Klima und Barbara Ellenberger, KlimaKontor Basel. Aktivistinnen: u.a. Dominik Waser, Landwirtschaft mit Zukunft, Fridays For Future, u.a.

[4] Es handelt sich um eine Kooperation von «plankton» und «DOCK Basel».

Kurzbiografien der Autor_innen: