Eindrücke in die Erfahrungen der sobat sobat - ausgewählte Antworten auf einen online - Fragebogen
Abstract:
Im September 2023, noch in der Laufzeit der documenta fifteen, erstellte Gila Kolb in Zusammenarbeit mit Ayşe Güleç eine Online Umfrage. Diese wurde unter den rund 140 sobat-sobat zur Situation und Praxis der Kunstvermittler*innen verschickt. Der Beitrag zeigt eine Auswahl der Antworten entlang der gestellten Fragen, ohne jedoch weitere Zuschreibungen in Form einer sprachlichen Interpretation vorzunehmen.

Ein Online-Fragebogen

Im September 2023, noch in der Laufzeit der documenta fifteen, erstellte Gila Kolb in Zusammenarbeit mit Ayşe Güleç eine Online Umfrage Die technische Durchführung und methodische Beratung des Projektes “The Art Educator's Walk II: Zur Situation der Kunstvermittler*innen auf der documenta fifteen. Eine Erhebung von Gila Kolb in Zusammenarbeit mit Ayşe Güleç” fand durch  Bruno Rütsche (Pädagogische Hochschule Schwyz) statt. Die Erhebung wurde durch die Pädagogische Hochschule Schwyz ermöglicht. . Diese wurde unter den rund 140 sobat-sobat zur Situation und Praxis der Kunstvermittler*innen verschickt. 45 über zehn Antwortensets enthielten keine Inhalte oder durchgängig randomisierte Buchstabenfolgen bzw. das Wort “TEST”, so dass von 45 auswertbaren Antworten auszugehen ist. Diese "leeren" Antworten wurden auch bei den numerischen Abfragen nicht berücksichtigt. Kunstvermittlerin reagierten und haben ihre Erfahrungen eingegeben. Die Umfrage wurde in deutscher Sprache erstellt und verschickt Dies wurde mehrfach in der Umfrage als nicht ausreichend kommentiert, ein Fragebogen in englischer Sprache wurde eingefordert.. Die letzte Frage der Online-Umfrage galt der Bereitschaft ob es eine Bereitschaft zur Teilnahme an einem Interview mit Gila Kolb (GK) und Ayşe Güleç (AG) gab. Zur ersten Auswertung der Interviews siehe den Beitrag von Jelena Toopeekoff in dieser Ausgabe.

Die Online-Umfrage bestand aus 20 Fragen. Die ersten sieben Fragen beschäftigten sich mit dem Alter, der Motivation und den vorherigen Erfahrungen der sobat-sobat. 12 Fragen beschäftigten sich mit den Erfahrungen innerhalb des Vermittlungsformat Walks and Stories, Strategien innerhalb der Kunstvermittlung, erlebte Rückmeldungen von den Besucher*innen sowie zum Offenen Brief der sobat-sobat (Die organisierten sobat-sobat, August 2022). Dieser war an das Education Team und die Mitarbeitenden der documenta gGmbH adressiert und ist nachzulesen unter: https://sobatsobatorganized.files.wordpress.com/2022/08/open.letter.sobat-sobat.18.08.22.pdf

Auch gab es zwei kritische Rückmeldungen zum Fragebogen selbst: das Ausfüllen des Fragebogen habe mehr Zeit benötigt als angegeben. Die zweite kritische Rückmeldung bezog sich auf die monolinguale Ausrichtung des Fragebogen (nur deutsch, warum nicht in englischer Sprache).

Bei der Lektüre der Antworten  fiel uns, GK und AG auf, dass es sehr unterschiedliche Wahrnehmungen bezüglich der Erfahrungen gab. Wichtig war vielen sobat-sobat, innerhalb der kurzen Zeit von 120 Minuten eine Beziehung, beschrieben als “Nähe”,“Austausch”, “eine Verbindung” mit den Teilnehmenden herzustellen. Die Strategien, um diese Beziehung in der Vermittlungssituation Walks and Stories herzustellen, waren unterschiedlich und individuell auf das jeweilige Verständnis dessen abgestimmt, wie Walks and Stories gestaltet wurden. Manche widmeten sich  auf einzelne künstlerische Werk,  auf Werke in bestimmten Venues oder Aufgaben (lumbung press in der documenta Halle, . Bei der Frage nach dem, was in den Walks and Stories gut und dem, was schwierig war, gab es Beschreibungen von sexistischen, rassistischen, queerfeindlichen Äusserungen und von Ver_Anderung gegen Vermittelnden, aber auch gegenüber den teilnehmenden Künstler*innenkollektiven.

Bei der direkten Nachfrage nach erlebtem Rassismus zeigte sich, dass sich dieser sowohl an die Kunstvermittelnden selbst wieauch an jene, die an der Ausstellung beteiligten Personen wie z.B. Künstler*innen und Kurator*innen richtete. Zugleich wurde deutlich, dass auch Kunstvermittelnde selbst solche Erfahrungen machten. Die Kunstvermittlenden reflektierten zudem, dass sie selbst zu reproduzierenden von rassistischen Erzählungen werden können.

Uns erscheint es nicht sinnvoll, die Aussagen der sobat-sobat an dieser weiter zu interpretieren, da dies eine weitere Schicht über die eigenen Erfahrungen legen würde, die bereits gemacht wurden. Vielmehr wollen wir hier zusammenfassend zeigen, was im September 2022 bezüglich der Gestaltung und Konzeption der Walks and Stories, den eigenen Strategien sowie den Erfahrungen, die in den Walks and Stories gemacht wurden. Wir haben deshalb die geschlossenen Fragen des Fragebogens in Grafiken dargestellt. Die Antworten auf alle Fragen stellen wir als Open Research Data zur Verfügung. Die Autorinnen stellen die Daten auf Nachfrage per Mail zur Verfügung. Eine subjektive Auswahl der Antworten DIe Daten wurden insofern bearbeitet, als dass offensichtliche Tippfehler; etwa “Kollejktiv” mit “Kollektiv” ersetzt wurden. der offenen Fragen folgt in diesem Beitrag.

Antworten

Wie alt bist Du? Hast Du schon einmal als Kunstvermittler*in gearbeitet?

Abb. 1: Grafik Alter und Erfahrung als Kunstvermittler*in. Grafik: Wolfgang Jung, 2023.

Wie lange hast Du als Kunstvermittler*in gearbeitet?        

Abb. 2: Anzahl der Arbeitszeit als Kunstvermittler*in vor der documenta fifteen. Grafik: Wolfgang Jung, 2023.

Hast Du schon mal als Kunstvermittler*in auf früheren documenta-Ausstellungen gearbeitet? Auf welchen?

Abb. 3: Arbeit als Kunstvermittler*in auf documenta-Ausstellungen vor der documenta fifteen. Grafik: Wolfgang Jung, 2023.

Diese Frage wurde von 15 Teilnehmenden beantwortet.

Welche Kontexte bringst Du mit, die für die Kunstvermittlung auf der documenta relevant sind?

Abb. 4: Kontexte der sobat-sobat in Bezug zur documenta fifteen. Grafik: Wolfgang Jung, 2023.

Sonstiges: Studienschwerpunkt Kunstkommunikation/documenta; Master interkultureller und interreligiœser Dialog; curatorial studies & Erzieherin; pädagogische Erfahrung; Studium Art Education, Curatorial Studies; interesse am Austausch mit Besucher:innen; Permakultur; psychology; Architektur Studium; Antisemitismus und Postkolonialismus; Perspectives from Global South; Studium Kunstwissenschaft

Warum wolltest Du als sobat auf der documenta fifteen arbeiten?

Abb. 5: Warum wolltest Du als sobat auf der documenta fifteen arbeiten? Grafik: Wolfgang Jung 2023. 

Sonstiges: Material für Masterarbeit sammeln, Menschen kennenlernen, auf der/für die documenta arbeiten; d14 war eine sehr positive Erfahrung. Gerade im Zusammenhang mit dem kursorischen Kontext habe ich einen spannenden neuen Ansatz in und für die Kunstvermittlung erwartet, sowie einen neuen Blick auf die Kunst, den Kunstbegriff und den eigenen Ansatz der Mediation; Bezug zu der Kunst und dem Konzept; Im Rahmen des Studiums habe ich mich schon viel mit zeitgenössischen Großausstellungen, Ausstellungsstudien usw befasst und kannte ruangrupa daher; Bezug zu Indonesien und kollektiven dort intensivieren; Im Rahmen meines Studiums habe ich mich schon viel mit zeitgenössischen Großausstellungen, Ausstellungsstudien usw. auseinandergesetzt und so auch ruangrupa "kennengelernt"; documenta als Lernort, Inspiration; Praxis interessiert mich; Interesse am Austausch und der Perspektive der Besucher:innen; farid rakun hat mir das empfohlen; Da ich in Kassel aufgewaschen bin wollte ich immer einmal für die Documenta als Kunstvermittler tätig werden; Netzwerken; Interesse für ästhetische Bildung, Moderationsarbeit; finanzielle Absicherung; eigenes Projekt parallel zur Documenta; Kunstvermittlung während begrenzten, aber intensiven Zeitraums als Teil eines großen Kunstvermittlungsteams, das evtl. als Körper agiert.

Was ist Dir wichtig, wenn Du eine Kunstvermittlung Walks and Stories machst?

Dialog, Empathie, meinerseits Vorbereitung in Hinblick auf Inhalte, Impulse und Fragen, die ich reingeben möchte

Mehrperspektivität, (Ver)-Lernprozesse anregen, sensibler Umgang mit unterschiedlichen intersektionalen Positionierung

Im Sinne des sobat-Prinzips einen herzlichen Umgang mit den Gästen zu pflegen und auf ihre Bedürfnisse eingehen; diesen Umgang auch an die Gruppe weiterzutragen; Interesse wecken für die Kunst und die Themen, die dahinterstecken; kritische Auseinandersetzung mit den Arbeiten fördern; Menschen ermutigen, ihre Ideen und Geschichten zu teilen; grundlegende Infos zu documenta fifteen, ruangrupa, lumbung usw. sowie zu einzelnen Projekten vermitteln; Awareness und Sensibilität bzgl marginalisierten Menschen und deren Lebensrealitäten generieren; Austausch über Erfahrungen.

Transparenz. Also am liebsten hätte ich den Besucher:innen zu Beginn der Walks and Stories einmal den Text von der d15 Homepage über die Walks and Stories vorgelesen. Aus meiner Sicht sind viele Besucher:innen mit Erwartungen zu den Walks gekommen, welche so nicht in der Beschreibung des Formats W & S erfüllt werden sollten und konnten. Durch eine transparente Kommunikation zu Beginn der Walks konnten diese Unstimmigkeiten in den Erwartungen jedoch schnell behoben werden. Des Weiteren geht es mir sehr stark um den Austausch innerhalb der Gruppe.

Dialogische Ansätze: Mit der Einladung zum Gespräch über unterschiedlichste Methoden, sind häufig anregende Diskussionen entstanden. Die Walks an denen die Konzepte aufgegangen sind, sind mir persönlich besonders in Erinnerung geblieben und wurden auch von den Besucher*innen im Feedback besonders wertgeschätzt. Mit den Besucher*innen eine gute Zeit verbringen; neues Wissen produzieren; unterschiedliche Perspektiven sichtbar, hörbar machen und einnehmen; (ver-)lernen; Neugier

Entschleunigen, Ressourcen und Leidenschaft teilen, diskutieren, von den Besuchenden lernen, überrascht werden, inspirieren, ich bin nicht der Mittelpunkt, Kreise bilden, zusammen eine gute Zeit haben

***Da ihr kein Feedback in diesem Fragebogen eingebaut habt: wieso ist dieser Fragebogen (inkl. E-mail etc.)  nur auf deutsch, obwohl es Vermittler*innen gibt, die kein deutsch sprechen, die wegen dieser Sprach(kulturelle)barriere von vielen Prozessen ausgegrenzt wurden, und die wahrscheinlich Erfahrungen gesammelt haben, die für eure Forschung extrem wichtig wären?***

Gilt sowohl für online-Formate als auch für analoge w&s.

Am wichtigsten ist: dass es ein schönes Erlebnis ist und allen, inkl. mir, einzeln und als Kollektiv etwas bringt - eine wertvolle Erfahrung - im besten Fall Spaß :)

Ich stelle die Praxis der Begegnung und des Miteinanders in den Vordergrund ""make friends not art"" und Verteilen was da ist, kein Fokus auf neuen Profit generieren, der entsteht von ganz allein und kann geerntet werden. Ich bemühe mich jede(n Besucher:in in der Gruppe kennen zu lernen und einen Eindruck (auch nonverbal) von ihrer/seiner Perspektive auf die Dinge zu sehen. Dabei versuche ich auch zu unterstützen, dass jede/r spüren kann dass und wo und wie er/sie bereits längst einen Beitrag zum Gelingen der ganzen Gruppenunternehmung  - in diesem Fall ""walks&stories"" - beigetragen hat.

Mit der Enttäuschung der Besucher*innen umzugehen

Innerhalb von zwei Stunden ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln; Dissens zu moderieren; Perspektiven öffnen; über Informationsgehalt hinaus zur Auseinandersetzung mit sich im Zuge der künstlerischen Positionen treten; kritisch aber öffnend auf Stereotype, Rassismen und Eurozentrismus reagieren

connection with people, see them transforming and enjoying

Es ist mir wichtig, den Besucher:innen einen Einstieg in die Kunst- und Kulturwelt zu ermöglichen. Für mich ist diese Beziehung besonders intensiv über eigene Erfahrungen und das Nutzen von künstlerischen Techniken möglich. Dieser Zugang ist mir etwas zu kurz gekommen. Es war mir wichtig dialogisch zu arbeiten und keine vorgefertigten Interpretationen der Arbeiten zu servieren. Gerne hätte ich noch mehr (persönliche) Geschichten der Künstler:innen und Kollektive zur Verfügung gehabt, um dem Namen "Stories" gerechter werden zu können. Es ist mir wichtig verschiedene Anknüpfungen zu ermöglichen, keine Dichotomie von richtig und falsch, von bewandert und unbewandert, von wissend und unwissend herzustellen. Es ist mir wichtig, dass alle Besucher:innen sich wiederfinden können. Wo genau, kann ich nicht bestimmen, aber ich sehe es als meine Möglichkeit, Resonanzräume zu öffnen.

1. Die Zufriedenheit der Gäste.

Anderen Menschen eine Erfahrung ermöglichen, die sich emotional weit stärker einprägt als pure Informationsvermittlung. Gefühle wie Frust und Ratlosigkeit abbauen. Gemeinsam Kunst erleben als ein Medium, in das hineingegangen oder nur drauf geguckt werden kann, je nachdem, wie sehr sich die einzelnen Menschen gerade näher trauen. Viele Methoden, um Gespräch aus einer Leichtigkeit heraus anzubieten.

Nähe herstellen, Raum für Diskussionen schaffen, (notwendige) Informationen geben, niemanden ausschließen,

Was hat bei Walks and Stories gut geklappt?

Impulse wie Bildausschnitte der Radierungen, die bei Mirga-Tas Grundlage waren; Heranführungen zu Selbstentdeckungen; kontroverse Diskussionen offen zu lassen.

Walks mit Teilnehmenden, die freiwillig teilgenommen haben (Angebote großer Firmen wie Städt. Kliniken, Stromerzeuger; Autohersteller) bzw. etwas bezahlt haben (Einzelbucher)

Das Konzept der walks & stories ist bei unterschiedlichen Gruppen unterschiedlich ertragreich gewesen. Häufig hat es mit einer vorherigen Einführung in lumbung und die dialogische Kunstvermittlung geklappt, Menschen ins Reden zu bringen, sich und ihre Gedanken und Geschichten mitzuteilen. Auch ein abschließendes Harvest im Sinne einer Feedbackrunde, was mitgenommen werden konnte, was inspiriert und/ oder auch irritiert hat, schien häufig fruchtbar.

Gut geklappt, hat die Einführung und das freie Betrachten. Diskussionen wurden angeregt. Sensibilierung für mit Konzepte wie Safe(r) Spaces durch die Einführung.

Lumbung-Werte verteilen und mit den Arbeiten verbinden, sowie als Redeanlass nutzen.

Aus meiner Sicht haben wir als sobat mindestens 30 Minuten des Walks damit verbracht das allgemeine Konzept und die Grundstrukturen dieser d15 zu besprechen.

Für viele waren das sehr Augen öffnende Momente., weil durch die Kontextualisierung der Ausstellung vielen die Art der Ausstellung verständlicher wurde.

Außerdem haben die Schulklassen Walks super geklappt. Die Schüler:innen haben nicht die Erwartung, dass wir aus der Sobat Rolle alles Erklären, sondern das mitmachen, mitdenken und darüber sprechen hat viel besser geklappt als bei den Walks mit den Erwachsenen.

Das dialogische Format und der freie Austausch haben überwiegend sehr gut funktioniert.

Eine produktive Atmosphäre herstellen; Begeisterung wecken; sich willkommen fühlen; als Gruppe unterschiedliche Körperhaltungen einnehmen, sich z.B. zusammen in einen Kreis zu setzen; den Lumbung-Gedanken ver-mitteln; neue Kontakte knüpfen

interaction with people, discussions and possibility to create a connection

Bei meinen walks lief alles fantastisch. Die Kommunikation mit den Gruppen, die Wissensvermittlung. Von ersten Tag an hatte ich sehr viel Spaß mit dem Konzept als Vermittler

Eine gemeinsame Einführung in die Konzepte zu haben. Der Common Ground wurde mir häufig positiv gefeedbacked, auch wenn manche Besucher:innen ungeduldig waren. Dialogische Methoden unter den Besucher:innen. Hat sich eine Gruppe darauf einlassen können, entstand ein angeregter Austausch unter den Menschen. Teilweise auch die Offenheit. Mithilfe einer gelungenen Kontextualisierung sind die Menschen den Arbeiten mit einer Lesrichtung und damit mit Verständnis begegnet. Die zwei Stunden waren ein guter Zeitrahmen. Es blieb genug Zeit die Menschen auch den Raum erkunden zu lassen. Das eigenständige Betrachten zwischen gemeinsamen Momenten wurde mir auch als positiv zurück gemeldet. Spielerische Methoden haben gut funktioniert. In einem Verhältnis, in dem es nicht zu sehr nach Schule/ Kindergarten anmutete, haben sich viele Menschen darauf eingelassen.

Gespräche zu initiieren, mit dem Publikum Fragen an die Kunstwerke zu stellen und ggfs. zu beantworten. Eine Erfahrung zu machen, die Besuchergruppen selber und alleine nicht machen könnten.

Ich hatte den Eindruck, dass es mir meist gelungen ist den Gruppen, die mir begegnet sind, die Documenta 15 näher zu bringen.

Die Einführung über das lumbung-Konzept. Und damit der Baustein für die weitere Kunstbetrachtung auf der d15. Eine kritische Auseinandersetzung mit den behandelten politischen Systemen. Die Entwicklung eines Bewusstseins für verschiedene krasse Realitäten der Künstler*innen. Die Vermittlung des lumbung-Gefühls, das sich in vielen Arbeiten und der Kuration im Allgemeinen wiederfand. Raum für anregende Diskussionen. Spannende Sprünge zwischen Ernst und Betroffenheit sowie Witz und Leichtigkeit.

Diskussionsräume öffnen

Was war bei Walks and Stories schwierig?

Diskussionen in großen Gruppen führen, besonders in schwierigen räumlichen Situationen(doc-halle). Konflikte nicht zu sehr an sich ranzulassen.

Für einige Menschen ist ein enormer Widerstand kenntlich geworden. Es schien für einige absurd und unprofessionell, dass die "Führerin", wie ich trotz Klärung des sobat-Begriffes, das "Publikum" miteinbeziehen wollen würde. Auch, dass ich nicht alles bis ins letzte Detail wusste, weil so unterschiedliche politische, historische und kulturelle Kontexte berührt wurden, es aufgrund des quantitativen Aufwands, alle 8 walks zu machen nicht möglich war, und ich es als sobat auch nicht alles inhaltlich bewältigen sollte, sondern mitunter Methoden erproben sollte, machte mich gegenüber Besucher*innen angreifbar und verletzbar.

Konkrete Detailfragen zu manchen Arbeiten beantworten, auf Fragen nach Arbeitsbedingungen, ungünstiger Beschilderung, teaminterne Konflikten eingehen

Es fiel schwer Othering und Exotisierungen nicht zu reproduzieren, sowohl durch die Besucher_innen oder im Vokabular (um Beispiel der Begriff Slum).

Einige Gruppen erwarteten klassische Führungen mit Vermittlung von “Faktenwissen”. Je nach Gruppendynamik war es manchmal schwierig, sie dazu zu bewegen, es auch mal anders zu probieren (und zu erklären, warum das sinnvoll ist). Ich habe selbst aber des Öfteren “nachgegeben”, um sie nicht zu verärgern.

Ich habe es mehrmals erlebt, dass Besucher:innen diskriminierende Sprache und/oder Narrative verwendet haben, oft auch nachdem ich versucht hatte, die Gruppe zu sensibilisieren. Auf solche Situationen wäre ich gern besser vorbereitet gewesen, da ich manchmal vor perplexität nicht angebracht reagiert habe."

Feste Gruppen sind manchmal nicht so interessiert, da sie nicht unbedingt freiwillig auf der documenta sind

Wenn einzelne Besucher versuchten Einzeldialoge oder Monologe zu halten. Wenn Besucher von aussen sich mitten in Gesprächsrunden einmischten

Je nach Gruppendynamik war es schwer, die Gäste davon zu überzeugen, dass die Vermittlung von ""Faktenwissen"" in den walks & stories nicht an erster Stelle steht. Ich hatte dann oft den Eindruck, dass meine Expertise angezweifelt wird.

Auch habe ich es des Öfteren erlebt, dass Personen diskriminierende Sprache und abwertende Narrative ggü. marginalisierten Gruppen verwendet haben, auch nachdem ich genau das thematisierte und sie zu sensibilisieren versuchte. Das erlebte ich deutlich öfter als ich erwartet hätte, und auch weil ich auf solche Situationen nicht genügend vorbereitet war, konnte ich manchmal nicht angemessen reagieren.

 Siehe vorige Frage,.. ich finde die Frage nicht konkret genug formuliert.
- über Postkolonialismus reden
- über Exotismus reden, über den exotisierenden Blick
- die Stimme behalten (zu den prepweeks muss ein Workshop zu Stimmtraining gehören)
- auszuhalten, nicht alles zu wissen und es zuzugeben
- ich hätte mich gerne mehr mit der Kunst und den Künstler*innen beschäftigt, stattdessen floß ungeheuer viel Energie in unnötige Kämpfe mit Angestellten der Institution
- statt Research zu machen institutionelle Kämpfe zu führen ist frustrierend und macht die Walks nicht besser

Inhaltlich wie organisatorisch schlechte Vorbereitungswochen; zu kurzer Zeitraum der Vorbereitung kurz vor der Ausstellung; Umgang mit Reproduktionen von Rassismen und anderen Diskriminierungsformen; im Vergleich zu den vorangegangenen beiden documenta-Ausstellungen chaotische Organisation; viel weniger Walks als erhofft, bei gleichzeitig vielen Interessierten, die keine W&S buchen konnten; über die Antisemitismusdebatte zu sprechen; zu viel sich überschlagende Ereignisse, die sich in der Presse widerspiegelten; große Überforderung im gesamten Team der Kunstvermittler*innen und insgesamt eher belastete Stimmung; Lärm in den Ausstellungen, vor allem im Fridericianum und der documenta-Halle

Verweigerung der Besuchenden etwas von sich zu teilen / sich einzulassen "Wir wollen die Kunst sehen, für Vorstellungen haben wir heute Abend in Hotel Zeit". Verfremdende bis rassistische Äußerungen, "machst du es ehrenamtlich?", Aussagen bez. wo ich herkomme, "du sprichst aber gut deutsch!", "ehm, entschuldigung aber es gibt nicht nur Frauen auf dieser documenta, oder?" (als Reaktion auf "Künstler*innen") und auf meiner Antwort die komplette Verwirrung darüber, was "non-binär" oder "fluid" bedeuten soll, last-minute einspringen, sich gar nicht vorbereitet fühlen, angeschrien werden: "wenn Sie schon fragen, ob ich Fragen habe, dann klar! Ich fragen mich wie konnte es passieren, dass die documenta antisemitische Arbeiten ausstellt!", 4 Monate lang um ein Arbeitsvisum zu kämpfen und 1,5 davon illegal zu arbeiten

Manchmal waren die rassistischen Gedanken zu tief verankert und die Menschen waren nicht bereit, diese zu überwinden.

Künstlerische Positionen nicht nur als Momente der Bildung zu ,nutzen‘ sondern auch über das künstlerische Potenzial zu sprechen

bring all the time the good energy and focus to be present, open and active listening and welcoming people

Die Menge und die Komplexität der Informationen in leichter Sprache wiederzugeben war sehr schwierig. Das Format von 120 Minuten war bei weitem nicht ausreichend, um die Idee des Konzeptes zu vermitteln

Rassistische Kommentare einzufangen. Sie kamen häufig unvermittelt und in alltagsrassistischen Formulierungen, die schwer wieder einzufangen waren. Die Akkustik in manchen Räumlichkeiten, trotz Audiosystem, welches dann eine andere Form der Interaktion bestimmte. Geeignete Orte finden, um mit der Gruppe Übungen, Methoden, andere Ansätze als Frontalvorträge zu praktizieren. Je nach Venue auch, die Werke in Dramturgie, in eine Beziehung zu setzen, eine Geschichte zu erzählen, die nicht immer neue Anfänge und fransige Ausgänge hat. Manchmal die unterschiedlichen Wissensstände und Bedürfnisse der Gruppe zusammen zu bringen. Das Fehlen eines gemeinsamen Konzeptes, einer gemeinsamen Vorgehensweise hat uns als sobat-sobat in eine seltsame Konkurrenz zueinander treten lassen. Menschen, die gerne Frontalunterricht haben, konnten so andere sobat für ihre methodischen Ansätze kritisieren und sagen "xy hat es aber ganz anders gemacht"

Wenn Besucher*innen offenkundig ihre kulturalistische Sichtweise preisgeben, israelfeindliche Ressentiments schüren oder stereotypische Vorstellungen von Kunst verlautbaren.

Auszuhandeln, wer das Tempo und die Struktur vorgibt: das Publikum, ich oder das Edu-Team, das in meinem Kopf auch immer eine Stimme hatte. Mich auf dem Spannungsfeld zwischen allgemeiner Information und konkreten Fakten zu den einzelnen Arbeiten zu bewegen. Meine eigene Art zu wertschätzen und nicht von anderen oder mir selbst abwerten zu lassen. Zeit als ein wertvolles Gut zu achten, das genau so gut durch Erlebnis genutzt ist wie durch die simple Wiedergabe von Information - bisweilen ist das Erlebnis sogar kostbarer, weil einzigartig.

“Ist das Kunst?” – ist Dir diese Frage (so oder so ähnlich) oft begegnet? Wie bist Du damit umgegangen?  

offensiv

Ich habe den Unterschied zwischen verschiedenen Künsten erklärt und das auf der documenta, als auch der Kunstbegriff selbst immer im Wandel steht und auch neu verhandelt wird. Zudem ist  der Kunstbegriff sehr eurozentrisch aufgeladen. Kunst bedeutet auf der ganzen Welt ist was anderes, Stichwort: Mehrperspektivität.

Ich unterscheide auch zwischen Menschen, die ""Laien"", die sich ""schöne"" Arbeiten anschauen wollen, die schnell zu erschließen sind und ""Expert_innen"", die sich formalästhetisch und inhaltlich mit den Arbeiten auseinandersetzen. Laien erkläre ich nochmal was zeitgenössische Kunst ist und erzähle von mir, meinem Studium und meinem Kunstbegriff.

Ich habe die Gegenfrage gestellt, ob diese Einordnung vor dem Hintergrund der betreffenden Arbeiten überhaupt wichtig ist. (Soziales Engagement, make friends not art usw) Oder ich habe das Gespräch über “Was ist Kunst für euch?” in Richtung der Frage “Wer kann/darf das definieren” gelenkt.

Naja, die Frage lautete eigentlich "where is the art"? und diese Frage habe ich anhand der Erläuterungen zu dem Konzept in die Frage "Where is the story behind the art" umgeändert und die meisten der Besucher:innen  konnten mir zustimmen, dass es sehr viele Geschichten hinter den Arbeiten gibt. Es gibt ein Banner des Kollektivs *foundation class* Collective*  mit einer Aussage die lautet ungefähr: "My biography is more interesting than my art" solche Werke habe ich oft zum Anlass genommen um über diese Frage "Where is the art" bzw. Ist das Kunst, was ist daran Kunst zu sprechen.

In der E-Mail von Ihnen an uns wurde geschrieben, dass es schnell geht, diese Umfrage zu beantworten. Dies ist irreführend. Es sind jetzt bereits vier komplexe Fragestellungen aufgetaucht. Ich bevorzuge eine realistische Zeit-Einschätzung zu erhalten, dann hätte ich mir mehr Zeit genommen. Schade und frustrierend.

Ganz unterschiedlich. was immer gleich war: ich habe meine persönliche aktuelle Meinung dazu wieder gegeben, auch dass sich diese verändert. Und dann in der Gruppe weiter gefragt und zusammen überlegt wofür das wichtig ist, etwas als Kunst oder Nicht-Kunst zu bezeichnen

Ich habe einen Einblick in aktuelle kunstwissenschaftliche Ansätze zur Frage der Kunst gegeben und auch auf historische Positionen wie Beuys verwiesen.

Ich habe die Menschen hingewiesen auf die Enstehung des europäischen Kunstbegriffs. Und nicht versucht sie zu überzeugen.

Ich finde die Frage nicht sonderlich interessant, da sie die Kunst an sich nicht zum Diskussionsgegestand macht sondern eben schon mit der Frage die Kunst übergeht und unsichtbar macht. Es ist eine machterhaltende Frage zugunsten weißer. patriarchaler Strukturen, welche dann Raum einnimmt und nicht über das Sprechen lässt, was künstlerisch gerade da ist. Ich denke Menschen können in dem Moment etwas von Defnintionsmacht lernen. Das habe ich manchmal kommuniziert, manchmal habe ich die Gegenfrage gestellt: Was ist Kunst? oder einfach mit "Ja, wir sind ja  auf einer Kunstausstellung" geantwortet.

Mit Humor oder Sarkasmus

Ich fand die Frage sehr berechtigt. Ich habe die Person erläutern lassen, warum sie glaube, es sei keine Kunst. Dann habe ich Bezug zu anderen Arbeiten genommen und die Faktoren verglichen, um deutlich zu machen, dass andere Arbeiten dann vielleicht auch keine Kunst seien. Oder aber alle Arbeiten seien Kunst. Zuweilen habe ich meine persönliche Meinung deutlich ausgedrückt. Und schließlich auf den Punkt verwiesen, dass es auf dieser documenta weniger darum ging, das Attribut "Kunst" zufriedenstellend und ambitioniert zu erfüllen. Sondern vielmehr darum, den der Kunst zur Verfügung gestellten Raum für absolut wichtige politische Kämpfe zu nutzen.  Ein "political turn" quasi.

Wie bist Du mit den Erwartungen der Besucher*innen umgegangen?

Wenn möglich individuelle Gespräche ermöglichen(bei kleineren Gruppe). Obligatorische Begrüßungsrunde mit Fragen: Was wissen Sie bereits über die documenta-fifteen, was erwarten Sie sich von der Führung etc. Abschlussdiskussion an Ende zur Reflexion und Gedankenaustausch

Ich bin auf sie eingegangen, wenn es möglich gewesen ist

Ich fand es teilweise schwer, mich davon abzugrenzen. Meist habe ich verbalisiert, dass hier auf der documenta mit Erwartungen gebrochen wird ( und ruangrupa zitiert: "Die Menschen erwarten Brot, und wir servieren Reis" ), und dass ich sie dazu einlade, offen und neugierig zu bleiben.

Wie mit meinen eigenen - neugierig, transparent und verständnisvoll

Eigenen Plan abstecken, abgleichen, auf bestimmte Wünsche und Erwartungen eingehen, aber manchmal auch gezielt damit brechen, um Moment der Erkenntnis zu generieren

Ich habe mehr oder weniger eine ""klassische"" Tour gegeben, aber weniger als Expert_in gesprochen, sondern versucht Denkanstöße und Fragen anzuregen. Habe zudem immer versucht die Diskussionen zu öffnen, wenn rassistische und sexistische Aussagen getroffen wurden. Erwartungen habe ich zudem nicht an mich herangetragen. Ich hatte meine eigenen Erwartungen an mich selbst.

Ich habe das gezeigt, was mir wichtig ist

Wenn ich merkte, dass das Vermittlungskonzept den Besucher*innen nicht zusagt, kam es mir vor wie eine Gratwanderung zwischen Erwartungen subvertieren und Besucher*innen verärgern. Je nach meiner eigenen Verfassung und der Gruppendynamik (und je nach dem, wie höflich die Beschwerden geäußert wurden) bin ich immer unterschiedlich stark auf die Erwartungen eingegangen. Wenn sich Personen konkret über das Vermittlungsformat beschwert haben, habe ich angesprochen, dass das Vermittlungskonzept nicht unabhängig vom Ausstellungskonzept und daher Teil der documenta fifteen Erfahrung ist. Das hat viele dann doch besänftigt.

Ich habe oft nach Erwartungen am Anfang der W&S gefragt, sie waren aber normalerweise eher allgemein "überrascht werden", "mehr verstehen", "mehr Hintergrund" etc. Die eigentliche Erwartungen haben sich erst während der Rundgängen gezeigt und waren teilweise ziemlich überfordernd vor allem wenn sie damit meine Rolle und Berechtigung da zu sein in Frage gestellt haben. Es war oft ein Abwägen zwischen liefern was sie hören wollen und weiterhin kritisch mit der Praxis und nongkrong weiter zu machen (siehe auch Antwort an was ist nicht so gut gelaufen). Wenn es zu Antisemitismus kam, habe ich oft - auch nach Wunsch der anderen Teilnehmenden, die nicht die ganzen zwei Stunden damit verbringen wollten - angeboten am Ende darüber zu sprechen, wenn Interesse bestanden hätte. Nur wenige haben sich daran erinnert und das Angebot angenommen.

Zumeist bin ich angetreten, um keine Erwartungen zu erfüllen und habe das auch kommuniziert. Teilweise war der Wissensdurst so groß, dass es zu Schwierigkeiten kam.

Ich habe selbst ein freundschaftliches und respektvolles Miteinander erwartet und dies auch kommuniziert.

in a relaxed and open way, willing to listen to different perspective, expectations and ideas

Manchmal habe ich sie ignoriert, manchmal bin ich auf sie eingegangen. Aufgrund der Überlastung durch wenig Infos, vielen Positionen, Skandal, keiner gemeinsamen Linie etc. habe ich mich aus eigenem Schutz dafür entschieden, meine Methoden etwas zu kürzen und auch viel frontal zu sprechen. Auf diese Weise bin ich den Erwartungen entgegen gekommen. Nach einer Zeit habe ich auch die Einführung bzw. mein Narrativ daran angepasst, welche Erwartungen schon im voraus gebrochen werden können, damit die "Enttäuschung" nicht zu groß ist, damit die Erwartungen bereits gelenkt werden.

Ich habe sie gebrochen und Menschen waren auch enttäuscht oder animiiert und fühlten sich geradezu ""mobilisiert"". Ansonsten habe ich es manchmal auch kommuniziert, dass ich die Erwartungen nicht erfüllen werde. Manchmal habe ich absichtlich versucht sie zu erfüllen, weil ich Trinkgeld wollte um den unangebrachten Lohn auszugleichen.

Mich haben die sowohl nonverbalen als auch die verbalen Erwartungen wahnsinnig in Anspruch genommen. Ich konnte mich nicht dessen verwehren, sie als wichtig zu erachten, wollte mich gleichzeitig aber auch gegen sie wehren und mir erst mal Raum verschaffen, um meine Art der Kunstvermittlung zu praktizieren und keine Führung zu geben (das wurde es bisweilen dennoch). Im Laufe der Zeit entwickelte ich die ""Angriff ist die beste Art der Verteidigung""-Strategie: zu Beginn ließ ich jeden Menschen den Satz ergänzen ""Kunst ist für mich..."". Im Anschluss betonte ich, wir hätten gerade für uns selbst und die anderen Anwesenden unseren Kunstbegriff geklärt, was wichtig sei, um ihn zu diskutieren. Wir würden schließlich immer mit einem vorgefärbten Blick - einer ""Brille"" - in die Betrachtung von Kunst gehen und der Kunstbegriff ruangrupas würde unseren westlich geprägten sicherlich stark herausfordern. Auf diese Weise konnte ich später Frustration und Kritik über die Art der gezeigten Kunst in etwas möglichst Konstruktives verwandeln. Wir konnten über die  Arbeiten diskutieren, ohne den eigenen Standpunkt notwendigerweise verlassen zu müssen und es fühlte sich weniger wie Kritik an meiner Person als vielmehr wie Kritik an den Arbeiten an - in der wir uns bisweilen einig waren.

Gibt es eine Strategie / eine Methode in Deiner Kunstvermittlung auf der documenta, die Du angewendet hast, die gut funktioniert hat? Welche?

Gleich zu Beginn versuchen individuell ins Gespräch zu kommen.

Offene Fragen; Warten; Impulse setzen

Verständnis bei Unverständnis zeigen und häufig auch einen Vergleich mit existierenden Besipielen aus der Kunstgeschichte ziehen, reden reden reden

Aktiv zuhören und jede Meinung ernst nehmen, Kontexte liefern und die Gruppen begeistern

Ich habe versucht das sobat-Konzept für mich als Schutz versucht, auszuprobieren. Oft habe ich eine Intuition dafür, bei welchen Gruppen ich wohl, und unwohl fühle. Ich spreche deshalb oft das Thema vertrauen an und sage den Besucher_innen manchmal, dass es ein Versuch ist mich mit Ihnen ""anzufreunden"", wir voneinander lernen, wir Gedanken und Ideen miteinander teilen können. Dabei habe oft aus meiner Perspektive gesprochen und versucht gegen Othering zu arbeiten, indem ich Bezüge geschaffen habe und versucht habe Verbindungen hervorzuheben. Ich arbeite mit Empathie. Das heißt, statt Differenzen zu betonen (die oft essentialisiert werden), zeige ich Gemeinsamkeiten auf ohne die Unterschiede zu relativieren. Mir ist es zudem wichtig, die Zusammenhänge in einem komplexen Gesamtbild zu markieren.Eine weitere Strategie ist es Mehrperspektivität durch verschiedene Einzelpositionen reinzuholen, in dem ich die Gruppe einbeziehe. Ich fange keine Einzeldiskussionen an, sondern gebe es in die Gruppe weiter, sage aber ganz klipp und klar meine Haltung, zeichne dabei aber ein größeres Bild des Ganzen.

Authentisch sein. Sehr präsent performen und immer wieder Kreise und Gruppensituationen schaffen. Von Anfang bis Ende der Tour jede*n einzelne*n Besucher*in im Blick haben und klar durch die Ausdtellung führen

Harvesten gemeinsam mit den Besucher*innen während des Walks mit der Postkartenmethode, in vielerlei Abwandlung (A6-Zettel zum Harvesten, am Ende herumdrehen und es entsteht eine Postkarte). Vorstellungsrunde mit Bezug zum Venue

Sie wurden schon von einer Gruppe sobat-sobat gesammelt ([Name], [Name], etc.) - es wäre schön, wenn ihre Arbeit weiter wertgeschätzt wäre, auch in eurer Forschung

Ich binde alle von anfang an mit ein. Beispiel: ""wie spät ist es denn jetzt? warten wir noch auf jemanden? sollen wir anfangen? weiter gehen? Schwupps! schon lumbung passiert!"" Auch permanentes Harvesting hat sehr gut funktioniert mit entsprechend schönem Material aus guten Papierrollen und tollen guten Stiften (alles privat finanziert) bzw online im Whiteboard. 

Ja, Humor. Die Erwartungen der Besucher nicht zu ernst zu nehmen. Distanz zu wahren. Schlagfertigkeit. In Gesprächen oder Diskussionen nicht klein bei zugeben. Unabhängigkeit. Kein identitäres Verhalten im Bezug zur documenta fifteen oder ruangrupa aufzubauen. Kreativität und Improvisation. Auf aktuelle Events reagieren und spontan neue Wege durch die Ausstellung gehen.

Kurze interaktive Gesprächsrunde am Anfang, damit die Gruppe miteinander vertraut wird. Nicht so viel Monolog.

Ich habe meine Walks häufig mit zwei kurzen Videoeinspielern aus einem Bericht des Hessischen Rundfunks von der Documenta 3 von 1964 gestartet. Der Kontrast zwischen der dominant westlich orientierten und männlich dominierten Kunstauffassung von damals (Werner Haftmann: "Kunst ist das, was große Künstler machen") und dem aktuellen Zugang von ruangrupa wurde dadurch klarer ersichtlich. Der gesamte Bericht von 64 kann in gewisser Weise als Realsatire gelesen werden und veranschaulicht zugleich schon zum Start, dass die Exzellenzfrage durch und durch ideologisch gelesen werden muss.

Tiefere Konzepte statt oberflächlichen Informationen zu vermitteln. Aber diese Strategie funtioniert nicht immer gut. Mindestens funkioniert gut für 70 % von mir zuständiger Besucher*innen, das ist bereits reicht für mich.

Ja, mehrere. Eine: Vor der Arbeit "Castle in Kassel" ließ ich die Besucher*innen 5 Minuten lang Begriffe auf einen kleinen Zettel schreiben. Das Thema war: alles, was ich zum Leben brauche. Im Zentrum sollte das Wichtigste stehen, nach außen hin Unwichtigeres. Im Anschluss konnten sie die Arbeit begehen und betrachten, vor dem eigenen emotionalen Hintergrund, den sie sich gerade präsent gemacht hatten. Dann kam ein inhaltlicher Input. Wir wanderten rüber zu "project art works" und nach Betrachtung und Information landeten wir bei der "Cosmology of Care". Ich ließ die Besucher*innen ihre Zettel wieder herausholen und die Begriffe vergleichen. Was hatten sie mit jemandem gemeinsam, der*die im dänischen Asylsystem festhing? Wobei meine Frage gelautet hatte: "Was brauche ich zum Leben?", bei der gezeigten "Cosmology" ging es eben um die Frage, "Woraus besteht mein Leben?". Tatsächlich nahm sich das aber nicht viel und einige waren sichtlich berührt von den sowohl existenziellen Fragen als auch existentiellen Antworten.

Ich habe am Anfang immer eine Vorstellungsrunde mit meinen Gäst*innen gemacht und dabei die documenta-Erfahrungen und Erwartungen abgeklopft. Darauf konnte ich mich immer wieder beziehen. Ich habe außerdem von mir als Person gesprochen und versucht, keine "Entertainer"-Rolle zu spielen, dabei auch mein eigenes Unwissen oder Unwohlsein thematisiert und offene Fragen in den Raum gestellt, um Anstöße mitzugeben.

Gibt es eine Rückmeldung auf ein Walks and Stories die Dir in Erinnerung geblieben ist? Welche?

Das es spannend bzw. bereichernd gewesen ist; dass ich jemanden gezeigt habe zu sehen; dass sich erst mit einem Walk das Verständnis dieser documenta erschließt

Keine konkrete, oft ein Stimmungsbild der Inspiration. Ich habe auch oft gehört, dass sie für dieses Konzept sehr dankbar sind, und dass sie ohne mich "nichts verstanden hätten", was einerseits natürlich auch ein Kompliment ist, andererseits auch die Frage aufwirft, ob die documenta erschließbarer hätte sein sollen. Auf der anderen Seite aber auch die Einsicht, dass sich die documenta einem schlichten Konsum und einer bloßen Anwendung von Rationalität entzieht.

"I am leaving. I'm not just interested in that kind of stuff" nach einer Stunde Walk. Aber auch begeisterte Rückmeldungen von Leuten, die gern nochmal mit mir einen Rundgang machen wollten.

"Danke, ohne dich hätte ich nichts verstanden" zeigt ja sehr gut, dass Vermittlung S.E.H.R. wichtig ist, leider aber von der documenta S.E.H.R. klein geschrieben wird

Mir wurde rückgemeldet, dass ich es sehr anschaulich erzählen kann, die Menschen mir gerne zuhören. Es haben sich auch Leute dafür bedankt, dass ich sehr persönliche Touren gegeben habe.

"Ich hoffe, du wirst auch weiter in der Vermittlung arbeiten, denn du hast das toll gemacht." Das hat mich darin bestärkt, dass der Job mir liegt, vor allem weil ich keine Vorerfahrungen in dem Bereich hatte.

Eine Besucherin aus den Niederlanden hat Fotos von mir während der Tour gemacht und sie mir hinterher geschickt. Es war sehr lustig mit ihr.

,,Ich habe mich so willkommen gefühlt auf dieser documenta.‘‘,,Als die Tochter eines indonesischen Landwirtes sehe ich Lumbung als etwas ganz anderes an. Ich finde, dieser wird hier total romantisiert wird. Wir haben dort z.B. große Probleme mit Ratten. Lumbungs sind nicht mehr modern.‘‘

Viele sehr positive... aber vor allem eine Person, die mir gesagt hat, dass ich ich zu oft "genau" und "ähm" sage

Menschen waren von meinen Begeisterung und Engagement begeistert. Die "Warmeduschen" am Ende der Walks & Stories waren immer schön. Ich habe versucht meinen Walks in bestimmten Raumen zu beenden, die intime Interaktionen (und Trinkgeld) fordern.

Ärgerlich war es für mich, in den Vergleich mit anderen sobat-sobat zu kommen - im Sinne von ,Das war der beste Walk bisher.‘ Wesentlich angenehmer und positiv empfand ich die Wahrnehmung, dass es sich trotz der teilweise intensiven und komplizierten Arbeiten kurzweilig für die Besuchenden angefühlt hat.

Ich habe es als rührend empfunden, als mir eine Teilnehmerin nach einer Führung sagte, jetzt hätte sie diese documenta auch verstanden.

Viele Personen haben mich im Nachhinein angesprochen, wenn sie mich in der Stadt wiedererkannt haben, weil sie sonst keinen Zugang zur Ausstellung gefunden hätten. Oder vorher die Zusammenhänge zwischen Antisemitismus und Postkolonialismus nicht wussten. Häufig hat es den Besuchern auch Spaß gemacht, weil ich performativen Methoden in der Kunstvermittlung anwende, die mit unserer Sinnes- und Körperwahrnehmung spielen.

Immer wieder die Begeisterung der Besucher:innen nach jedem walk. Viele Komplimente und Dank für die Bewusstseinserweiterung.

Manchmal habe ich über den Bericht des hessischen Rundfunks von 1964, den ich zum Start oft benutzte nur erzählt. Im zweiten Einspieler ging es um einen O-Ton von Konrad Klapheck. Er spricht darin über sein auf der documenta 3 ausgestelltes Bild mit dem Titel:  „Die Sexbombe und ihr Begleiter (Armatur I)". Ich hatte den Titel im Rahmen meiner Einführung kaum ausgesprochen, da griff mich ein Lehrkörper (vielleicht Professor) der Akademie der Künste aus [Stadt] frontal an mit der Frage, ob ich Konrad Klapheck damit als Sexisten bezeichnen wolle. Auf meinen Hinweis ich würde nur seinen Werktitel zitieren ging er anschließend nicht ein. Die Führung gestaltete sich danach problematisch. Ich hatte den Eindruck, dass die Gruppe bei jeder meiner Erläuterungen die Stirn runzelte. Mein Kritiker verschwand zudem bereits nach kurzer Zeit und mit ihm ein Teil der Gruppe.

Bei einer Gruppe, die schon zu Beginn darauf drängte, nun endlich ""die Kunst zu sehen"", musste ich meine Einführung richtiggehend verteidigen und fühlte mich davon überfahren, nur Wissen/Informationen abzuspulen und wenig Methoden anwenden zu können. Es fühlte sich an, als wolle die Gruppe Wikipedia-Wissen in gesprochener Form konsumieren und schlichtweg eine sehr klassische Führung bekommen. Aus meinem hilflosen Wunsch heraus, zu gefallen und nicht meinen meist gefürchtetsten Vorwurf zu bekommen, ich hätte keine Ahnung, von dem, was ich tue, änderte ich meine Strategie und las zu jeder Arbeit möglichst viele Informationen vom Blatt ab. Die Besucherin, die zu Beginn schon am forderndsten auftrat, sagte mir daraufhin am Ende: ""Sie wissen sehr viel. Das haben Sie gut gemacht"". Mir ist es darum in Erinnerung geblieben, weil ich meine eigene Gefühlswelt in dem Moment so beeindruckend fand: ich war erleichtert, das Gütesiegel des 'Viel-Wissens' verliehen zu bekommen und die Erwartung erfüllt zu haben; mir also nichts Negatives zu schulden kommen lassen zu haben. Und gleichzeitig fand ich es lächerlich, dass ihr meine abgelesenen Informationen reichten, um ein zufrieden stellendes Erlebnis zu haben. Denn ich wusste ja, dass Kunst-Erleben auch ganz anders aussehen konnte.

Hast Du Rassismus in Deiner Kunstvermittlung erlebt?     

53% der Teilnehmenden haben diese Frage mit "Ja" beantwortet. Auf die Frage, auf wen sich der Rassismus bezog antworteten 13% auf "deine Person", 47% auf "die Künstler*innen", 29% auf die "künstlerische Leitung / Artisticteam", 9% Sonstiges, nämlich "die Communities, aus denen die Künstler*innen stammen"; "mir selbst sind unglückliche Formulierungen über die Lippen gekommen, ohne absichtlich abgrenzen zu wollen", "auf Roma", auf "Besuchende".

"Das tut uns sehr leid, dass Du das erlebt hast. Möchtest Du über die Situation schreiben?"
[alle Antworten sind dargestellt]

Es waren keine Vorfälle eines bewussten, deutlichen Rassismus, aber bei wajukuu und fondation festival sind oft die Adjektive "exotisch" oder "primitiv" gefallen. Ich glaube, viele haben nicht reflektiert, dass ihr westlicher Kunstbegriff kein universeller ist, und sich über postkoloniale Machthierarchien, die über Begriffe wie Dritte Welt oder "die da unten" manifestieren, keine Gedanken gemacht.

Ehrlich gesagt habe ich damit schon gerechnet. Ich musste wahnsinnig viel Bildungsarbeit leisten, die leider von der Chefetage m.E. nicht gesehen, geschweige denn wertgeschätzt wurde.

Menschen waren neugierig, woher ich komme. Aber prinzipiell hatte ich das Gefühl, damit taktisch gut umgehen zu können, indem ich auch humorvoll und sarkastisch damit umgehe. Zum Beispiel wollte mich eine männlich gelesene weiße Person fragen, woher ich komme. Ich habe es schon, bevor er überhaupt die Frage ausgesprochen hatte, gemerkt, dass er es unbedingt wissen wollte. Daraufhin habe ich ihn unterbrochen und gesagt: Na na, sowas fragt man heute zu Tage doch nicht mehr. Er hat mich daraufhin gefragt, wie er es denn sonst ausdrücken solle. Daraufhin habe ich ihm geantwortet: Wenn wir befreundet sind, kann ich Ihnen gerne meine gesamte Familiengeschichte erzählen. Die Gruppe hat es daraufhin kommentiert und mir da zugestimmt. Ich habe letztendlich wieder Rückbezug auf das sobat sein bezogen. Also sobat als Schutz verstehen. Das hat mich empowert.

Darüber hinaus wurden Fremdbezeichnungen benutzt gegenüber Künstler_innen. Auch da habe ich das nicht kommentiert, sondern einfach in meinem Wortlaut richtig gesagt und das performativ betont. Ich performe ein Selbstverständnis, obwohl ich weiß, dass es für die Gruppe nicht selbstverständlich ist."

Es wurden einmal rassistische Bezeichnungen reproduziert, für Roma.

Bei QoF [Question of Funding] im WH22 warf mir eine Person, die nur kurz sich zu meiner Gruppe stellte und nicht zum walk gehörte lautstark Leugnung von Antisemitismus vor.

Einzelne Besucher*innen haben rassistische Sprache verwendet, stereotype Vorstellungen gegenüber bestimmten Communities geäußert, diskriminierende & verändernde Narrative reproduziert. Das erlebte ich deutlich häufiger als gedacht.

Besonders krass fand ich die Situation, in der nach der Besprechung von Malgorzata Mirga-Tas' Arbeit ein Mann aus meiner Gruppe zu seinem Begleiter so etwas sagte wie ""so ist das halt bei den *Z-Wort*"". Obwohl ich schon konkret an den Werken über die Problematik von Stereotypisierung gesprochen hatte und stets die korrekten Begriffe verwendet hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich es nicht deutlicher hätte machen können.

In einer anderen Situation hat sich die Gruppe gefragt, ob Festival Sur le Niger wohl auf Deutsch übersetzt Festival der *N-Wort* hieße. Bevor ich etwas erwidern konnte, fingen sie an, das Wort mehrmals zu wiederholen, während wir im Raum von FFSLN standen. Ich versuchte ihnen zu erklären, was es bedeutet, und dass das Wort nicht benutzt werden sollte, aber für eine kurze Zeit hörte mir einfach niemand zu. Das war auch eine sehr unangenehme Erfahrung."

Immer wieder kam es dazu, dass trotz reflektierten und intersektionalen Umgangs und Kontextualisierung des Werks die Besucher*innen rassistische Begriffe reproduzierten, z.B. in Bezug auf die Installation von Robert Gabris. Statt Klischées und gewaltvolle Haltungen zu verlernen, wurde es zum Anlass genommen genau diese zu repruduzieren (z.B. das ,,Z-Wort‘‘).

Es ist vor Allem beim Reproduzieren von Begriffen wie "exotische Sprache" oder "bei denen da drüben/unten" u.ä. vorgekommen... "andere Kulturkreise"... "Ureinwohner" also einfach nicht immer möglich gewesen im Anknüpfenund einstellen auf meine überwiegend deutsch sprechende Gruppen in der Praxis ein einwandfreies Vokabular anzuwenden. Dafür hat einfach jede Form von vorbereitender Praxis während der sogenannten Preparationweeks gefehlt.

Es wurde mehrfach Z* gesagt obwohl ich auch erklärt habe, dass dies als beleidigend empfunden wird.

Ich möchte/kann in geschriebener Form schlecht die Erfahrungen vermitteln. 

An der Stelle möchte ich markieren, dass ich selbst nicht frei von internalisierten Rassismus bin, so sehr ich auch daran arbeite. Oft habe ich auf rassistische Kommentare sensibel aber resolut geantwortet. Am produktivsten empfand ich das gemeinsame Sprechen über den racist gaze - oftmals im Hübner-Areal.

problematic words and attitudes among some colleagues

Jooo, also ich habe bereits in der 2 . Prepwoche gesagt, dass ich mir einen Workshop für BPoCs wünsche, damit wir uns besser schützen können. Es kamen bereits alltagsrassistische Kommentare in unserem Team auf, die mir den Hinweis auf die Begegnung mit Besucher:innen gegeben haben. Leider ist der Workshop hinten runtergefallen. Die Person war zum gegebenen Tag krank und hat glaube ich mein Anliegen nicht ganz verstanden. Auch der überlegte Workshop zu affirmativer Sabotage fand nie statt. Ich sag mal so, ich habe mein bestes gegeben, frühzeitig darauf aufmerksam zu machen, bin aktiv geworden und habe die Leitung um einen Workshop gebeten etc. Es war absehbar, insbesondere bei den vertretenen Kollektiven und Künstler:innen. Was soll ich noch sagen, ist halt irgendwie nervig, wenn nach außen alle so woke und aufgeklärt sind aber es dann am Ende trotz Anmerkung und Bitte und allem nicht funktioniert die Mitarbeiter:innen da zu schützen und Tools an die Hand zu geben.....

Ich habe an vielen Stellen Rassismus erlebt. Die Ausstellung, Künstler*innen, Kollektive wurden wiederholt sprachlich geothert/ exotisiert, und manchmal auch mit explizit rassistischer Sprache beleidigt und herabgesetzt. Besuchende haben wiederholt rassistische Sprache verwendet. Ich habe versucht es zu kommentieren, zu benennen, zu intervenieren. Andererseits habe ich bestimmt auch Rassismen in meinem Sprechen über die Kunst reproduziert.

Ich fand es sehr anstrengend, vielfältig pauschalisierende Aussagen zu den vermeintlichen Lebensumständen der Künstler*innen zu hören, die zum Teil eben mit einer konkreten Nationalität 'begründet' wurden. Krass fand ich auch, dass der Kino-Raum von Wajukuu Art Project in der documenta-Halle innerhalb des Aufsichts-Teams als der ""Kenia-Raum"" galt. Gleichzeitig empfand ich es als eine wahnsinnige Herausforderung, über die verschiedenen Lebensrealitäten zu sprechen, ohne eben in Pauschalisierungen zu landen oder bei den Besucher*innen eine Art Mitleid ob der Armut zu evozieren. Ich bin immer noch unentschieden, ob es mir gelungen ist.

Es gab einen Offenen Brief zum Thema Arbeitbedingungen für Kunstvermittler*innen auf der documenta fifteen. Möchtest Du etwas dazu sagen?

Viele Punkte unterstreiche ich. Meiner Meinung nach ist es einfach peinlich, sich das Konzept von lumbung auf die Fahne zu schreiben, mit Werten (Groszügigkeit? Prinzip der Solidarität und Freund:innenschaft?) umherzuschmeißen und dann komplett anders zu handeln. Schade.

Ich finde er ist inhaltlich gut und wichtig. Ich unterstütze alle Formen des Widerstandes gegen Ausbeutungssysteme. Leider ist er nicht intersektional gedacht. Es wurde meines Erachtens ein weißer Feminismus reproduziert.

War nicht alles super mit den Arbeitsbedingungen, aber auch nicht alles so schlecht, wie im Brief dargestellt. Ich kann ihn nur zum Teil unterschreiben.

Ich finde es wichtig, dass in dem Brief gefordert wurde, unsere Leistung und die Rolle der Abteilung Bildung und Vermittlung innerhalb der documenta gGmbH mehr wertzuschätzen.

Auch wenn ich selbst einige der Forderungen nicht unterschreiben würde, da ich persönlich nicht alle Kritikpunkte so kritisch wahrgenommen habe, finde ich es wichtig mich solidarisch mit denen zu zeigen, die unter den Arbeitsbedingungen ""litten""."

Der Offene Brief spricht für sich selbst.

Ich hätte gerne, wie gesagt, meine Energie mehr in meine Kunstvermittlung gesteckt, statt in diese Kämpfe mit der Institution.

Dass wir am Anfang dafür kämpfen mussten, das d15-Handbuch überhaupt in analoger Form zu bekommen, war der Beginn eines frustrierenden und enttäuschenden Weges, neben allem was die d15 an Positivem bereithielt.

Ich habe ihn mitgeschrieben. Ich fand es wichtig, unsere Situation und die institutionelle Gewalt bekannt zu machen, vor allem für andere Institutionen (die Vermittlung auf der documenta genießt m. E. immer noch einen guten Ruf) und für ein breiteres Publikum. Wir haben damit erreicht, dass wir eine Vertretungsgruppe bilden konnten, um wichtige Punkte direkt mit [der Leitung der documenta gGmbH] zu besprechen. Ich stimme nicht überall zu, mit den Aktionen die danach passiert sind. Wir hätten mehr unsere Privilegien checken sollen. Mit der Vertretungsgruppe haben wir vieles erreicht was noch geändert werden konnte - aber was die Möglichkeit eines institutionellen Gedächtnis anbelangt finde ich gerade eher ernüchternd ...

Für mich waren viele Faktoren der Arbeitsbedingungen unklar und verunsichernd. Zum Beispiel: Werden meine Überstunden im Mai bezahlt? Erst hieß es ja, dann nein, dann wieder ja . Wäre es von vornherein klar gewesen, hätte ich besser und entspannter arbeiten könnten.

Der Brief und die Publikation der sobat-sobat ist selbsterklärend.

Die Arbeit an dem Offenen Brief habe ich als wertschätzend und produktiv empfunden. Es wurde aufeinander und auf die jeweiligen Bedürfnisse sinnstiftend reagiert. Für ein Team von über 60 Kunstvermittler*innen, die in einem überaus stressigen Arbeitsumfeld tätig sind, handelt es sich um einen konstruktiven und wichtigen Brief. Die Hoffnung, den Brief in weitere Kreise zu bringen, ist immer noch vorhanden und die Notwendigkeit über die Widrigkeiten im kulturellen Feld zu sprechen wesentlich. Bitte besprecht und sendet den Brief weiter.

I hope that it will inspire other workers from different contexts to organize

Ich denke es war wichtig, die Arbeitsbedingungen anzusprechen und zu benennen, sichtbar zu machen und die Arbeit der Kunstvermittelnden damit wertzuschätzen! Ich denke es hat an nachhaltigen Team-Strukturen gefehlt. Diese wurde mit den Prep-Weeks versucht, allerdings entprach die Arbeitspraxis dann überhaupt nicht mehr einem nachhaltigen Arbeitsklima. Der Begriff der Solidarität wurde zugunsten der kapitalistischen Struktur der gGmbH ausgenutzt. Außerdem wurden kaum/keine Strukturen geschaffen um gesellschaftliche Machtverhältnisse und damit einhergehende Diskriminierung innerhalb des Teams zu betrachten, zu bearbeiten und zu verändern. Das kam leider auch in dem Offenen Brief zu kurz.

Kurzbiografien der Autor_innen: